Lange drüber gesprochen, immer wieder ist irgendwas dazwischengekommen. Doch mit mehr als einem halben Jahr Vorlaufzeit, die Termine wollen ja koordiniert und rechtzeitig geblockt werden, geht das Abenteuer Braunschweiger Hütte an. Für Basti, Rocky, Robin und mich. Interesse hatten deutlich mehr, aber die Termine müssen ja auch passen, das ist ja immer nicht so einfach.
Und dann muss es ja auch noch für mich zwischen Irland und Kirgistan passen, der Sommerurlaub ist eng getaktet. Am Freitag (21.07.) starten wir in Braunschweig, über 700 km haben wir vor uns, nächster Halt Pitztaler Hof.
Ganz ruhig angehen lassen wollen wir es am Abend, die Wanderung am nächsten Morgen ist nicht zu unterschätzen. Gute Vorsätze, die Umsetzung indes läuft aus dem Ruder, nicht nur dass die last order im Gasthof zur Post mitgenommen wird, nein es muss ja noch in den Pub gehen. Gegen 2:00 Uhr liegen wir im Bett. Einzig Basti hat sich rechtzeitig zurückgezogen.
Die Vorbereitung ist also genau nicht gelungen, aber gut, immerhin kommen wir rechtzeitig aus den Federn, um die halbe Stunde zu unserem Startpunkt zu fahren. In Mittelberg starten wir.
Die ersten Bilder, der Einstieg sozusagen, hier ist noch alles easy, wir genießen, dass die Sonne nicht so heftig knallt und haben als ersten Höhepunkt den tosenden Pitze-Wasserfall.
Wir starten auf 1.750 m, die ersten knapp zwei Kilometer sind ganz gut zum Warmwerden, es ist noch nicht allzu steil. Grandiose Panoramen haben wir auf dem Weg.
Aber selbstverständlich spielt uns der weitere Weg nicht den Gefallen, so einfach zu bleiben. Es war zu befürchten. Es wird steiler, es wird schwieriger, es wird langsamer. Wie man sieht, sind wir im hochalpinen Gelände unterwegs. Das hier lässt sich nicht mehr einfach wegwandern, das ist jetzt hartes Bergwandern, an manchen Stellen eher Bergsteigen, aber ich will hier gar nicht erst so tun, als sei ich Bergsteiger.
Die Gruppe zieht sich auseinander, jeder findet sein individuelles Tempo und sicherlich zeigt sich an der Geschwindigkeit auch der jeweilige aktuelle Fitnessstand. Da zählt auch nicht das Gruppenthema, wenn es alpin wird, kann es sich schon mal auseinander ziehen. Und da wir keine Seilschaften bilden (müssen), so steil ist es denn doch nicht, ist es völlig okay.
Aber es ist schon insgesamt ein harter Ritt bis hoch. Trittsicherheit ist das eine, das andere, was uns individuell unterschiedlich zu schaffen macht, ist die Luft. Wir haben mittlerweile eine Steigung von beständig über 25% und sind bei über 2.400 Höhenmetern. Und es geht weiter, immer weiter, die Steigung nähert sich der 40%-Marke und es sind halt noch einige Höhenmeter zu überwinden.
Irgendwann schiebt sich die Braunschweiger Hütte das erste Mal ins Bild, wir wähnen uns dem Ziel nahe, genießen vorfreudig den Blick auf umliegende Berge und Gletscher, aber es ist ein Trugschluss. Keine Fata Morgana zwar, die Hütte war sehr real, aber genauso real ist sie jetzt wieder hinter irgendwelchen Bergrücken verschwunden. Wir müssen uns noch quälen. Und hoffen, dass die Hütte endlich da ist und wir uns freuen können auf die wohlverdiente Rast, auf ein Wolters und die gebuchte Übernachtung.
Und endlich endlich, nach 960 jeweils unterschiedlich hart empfundenen, unterschiedlich schnell überwundenen, unterschiedlich schön gesehenen Höhenmetern ist das Ziel erreicht. Die Braunschweiger Hütte.
Robin empfängt mich mit einem Wolters, nie hat ein Wolters besser geschmeckt.
Und nie war ich glücklicher, Robin, Rocky und Basti (wieder)zusehen. Außer in Ingolstadt. Oder Unterhaching. Oder oder:-). Aber ernsthaft, dieser Moment, den wir ob der etwas dünneren Luft entsprechend in die Länge ziehen, ist sehr sehr besonders. Ein glücklicher, ehrfürchtiger, emotionaler Moment.
Auf 2759 m liegt die Braunschweiger Hütte in den Ötztaler Alpen am Ende des Pitztals. 1892 erbaut, 1932 und 1965 erweitert, 2009 bis 2011 generalsaniert. Einige Zimmerlager gibt es, noch mehr Matratzenlager, wir waren mit dem Buchen ein halbes Jahr vor der Wanderung fast zu spät dran.
So sieht’s dann aus hier, bei Ankunft noch etwas wolkenverhangen, am nächsten Morgen klarste Luft, klarste Sicht, klarste Bilder. Hier der komoot-Mitschnitt.
Zu dem Zeitpunkt haben wir unseren Hüttenabend hinter uns:-). Wir haben wie immer, wenn wir unterwegs sind, viel zu besprechen und wir haben – spätestens nach diesem Aufstieg – viel Durst und genauso viel Hunger. Das Essen ist erstaunlich gut, wir haben schlichte Hüttenkost erwartet und werden sehr positiv überrascht.
Hüttenruhe ist 22:00, wenn man wie wir noch ein allerletztes Bier raushandelt, auch so ca. 22:30. Aber um 6:00 spätestens ist Bewegung im Haus. Das Frühstück ist früh und die meisten hier wollen auch richtig früh los und weiter auf irgendwelchen Wanderwegen, sehr viele auf dem Fernwanderweg E5.
Wie hingegen wollen noch ein paar Fotos schießen und dann wieder runter, wir haben ja unser Ziel erreicht.
Und der Abstieg ist dann eben doch einfacher und schneller erledigt. Klar, die Trittsicherheit ist weiterhin ein Thema. Aber die Höhenluft und Kurzatmigkeit nehmen schnell ab. Hier noch zwei Bilder vom Abstieg.
Zurück haben wir zunächst einen veritablen Stau auf der 179 in Österreich zu überstehen, da wir aber keine Termine haben, lässt sich das gut ertragen. Weiter geht’s nach Rothenburg ob der Tauber, das liegt ungefähr auf halber Strecke nach BS. Und es ist mit einer Zwischenübernachtung wesentlich entspannter, der Hinweg in einem Ritt war schon nicht ohne.
Zudem ist Rothenburg ein pittoreskes kleines Städtchen, wovon wir uns in einer Art Schnelldurchlauf überzeugen. Irgendwann ist aber auch Schluss, schließlich haben wir Hunger und vor allem immer noch Durst und außerdem wollen wir unsere erfolgreiche Wanderung ja noch bei dem einen oder anderen Bier würdigen:-)