Sommerzeit ist ja i-wie immer auch Urlaubszeit und in Kombination mit dem Überstundenausgleich steht ein netter Sommer bevor. Der Auftakt erfolgt kurzentschlossen in Irland.
Die Ma lässt sich von der Aussicht auf Papageitaucher, Inseln und Dingle begeistern und so geht’s am 15.07. nach Dublin. Flugs den Mietwagen geholt, dann Weiterfahrt nach Taghmore, Ü im Cuckoos Corner, direkt über dem Pub, was ziemlich laut war später zum Schlafen. Obwohl es alles freundliche Menschen sind, wie wir bei einem Pint Guinness zum Abschluss des Tages feststellen.
Am nächsten Morgen kurze Weiterfahrt nach Kilmore Quay, um 12:00 startet die Überfahrt nach Saltee Island. 30 Minuten dauert sie, hat es aber in sich. Hohe Wellen, durchnässte Hose, klamme Jacke. In der Kajüte war halt nicht genug Platz und so mussten paar draußen bleiben, vor den heftigen Wellen, die immer wieder hinter der Kajüte aufschlagen und alles durchnässen, so leidlich geschützt. Aber egal, es ist Sonne, die Klamotten trocknen schnell. Die Wellen sind vom Feinsten, vom Feinsten auch, wie das Boot da durchpflügt. Es mögen sechs, sieben Meter hohe Wellen gewesen sein.
Die Anlandung dann auch vom Feinsten, erst Ausboarden ins Schlauchboot, dann wegen Flut kein richtiges Anlanden möglich, sodass es die letzten fünf Meter durch Wasser und Schlick geht. Aber der Atlantik ist angenehm warm hier und die Pflanzen weich, so dass das eher nur lustig als nervig ist.
Die Insel begrüßt mit Palmen, dann geht ein kleiner Rundweg zu den Steilküsten. Möwen in Hülle und Fülle na klar, Basstölpel dann auch, aber auf einer kleinen vorgelagerten Insel, die sind also erst mal bissel weiter weg. Aber die Tordalks sind nahe, die sehen ja auch ganz schick aus mit ihrem markanten Schnabel.
Trottellumme gibt es auch paar, sehr gut.
Aber Puffins halten sich zurück. Geduld ist angesagt. Und während gerad noch eine Möwe abgelichtet werden will zeigen sich die kleinen goldigen Vögel. Geduld zahlt sich aus, wie schön. Basstölpel zeigen sich dann auch noch, wie fein.
Nach drei Stunden ist der Zauber vorbei, das Boot holt uns ab, der Einstieg ins Schlauchboot geht nun trockenen Fußes. Die Rückfahrt mit dem Boot ist auch deutlich entspannter, es ist deutlich weniger kabbelig als heut morgen, abgesehen davon geht es gen Festland, das ist ja meist etwas entspannter.
Eigentlich ein recht kurzes Vergnügen, aber die kleine Insel, übrigens in Privatbesitz, weswegen 30 € für die Tour recht angemessen sind, hat ihre Reize ausgespielt. Wahrscheinlich. Wenn es nur nach der Anzahl der Fotos auf meiner Kamera geht, dann ja, da geht nicht mehr viel, die Speicherkarte glüht:-).
Kurz vor der Tour hatten wir einen Kaffee bei The Beach House (T.B.H) und eine Kleinigkeit zu Essen soll es nach der Tour sein, bevor wir uns auf den weiteren Weg machen. Am Ende werden es die besten Fish ’n’ Chips der Tour. Sollte ich also noch einmal in die Gegend kommen, ist The Beach House (T.B.H) fest gebucht.
Wie richtig die Entscheidung war, zeigt der weitere Weg. Er ist schön, er lässt sich fahren, aber er zieht sich auch, es ist weit bis nach Portmagee. Wo wir aber ein sehr sehr cooles Apt. für die Nacht haben. Die coolste Unterkunft der Tour, so muss man das sagen, aber leider eben nur für eine Nacht.
Der Termin am nächsten Tag ist Skellig Michael, das Boot startet von Portmagee. Ungewissheit im Vorfeld, das Wetter insgesamt ist grundsätzlich okay, für die Anlandung scheint die See wohl etwas zu unruhig zu sein. Ruhig bleiben und abwarten hilft auch hier. Der Morgen begrüßt uns mit bestem Sonnenschein. Was soll also hier noch passieren?
Während der ruppigen Überfahrt zu den Skelligs denke ich das dann nicht mehr. Eine Stunde lang pflügt das Boot durch den Atlantik, die Wellen von gestern werden in den Schatten gestellt, warum der Skipper einen Scheibenwischer einsetzt, ist nur ihm klar. Eine Stunde lang Spaß mit einem kleinen Boot, welches sich gegen die Atlantikwellen stemmt. Die immer wieder über dem Boot zusammenkrachen. Also eigentlich alles wie gestern. Nur heftiger, geiler, höher. Und somit noch lustiger.
Und dann kommt die Anlandung bei den Skelligs. Die nichts für schwache Nerven sind. Die Inseltreppe und das heftig schwankende Boot auf eine gemeinsame Höhe zu bringen fast unmöglich, man muss einfach den richtigen Zeitpunkt erwischen. Was allen gelingt.
Und augenblicklich, wirklich augenblicklich ist diese Anlandung vergessen, denn es beginnen die Papageitaucher die Regie zu übernehmen. Sie sind überall, ständig startet oder landet einer, ständig ist man versucht, irgend ein Foto von diesen goldigen kleinen Vögeln einfangen zu wollen. Aber neben den Puffins steht Skellig ja auch für das Mainistir Fhionáin (St. Fionan’s Monastery) und so ist es Zeit, auch kurz auf die Bremse zu treten. Wir hängen der Gruppe, die mit dem Boot angelandet ist und sogar der Folgegruppe voll hinterher. Was aber komplett egal ist, also uns:-)
600 steile Stufen geht es hoch auf Mainistir Fhionáin (St. Fionan’s Monastery). Vermutlich im 6. oder 7. Jhdt. von christlichen Mönchen gegründet. Die sich diese markanten Steinhütten bauten und irgendwie Terrassen in die Felsen hauten. Und eben ein Leben in Abgeschiedenheit und spiritueller Kontemplation lebten. Später wird und diese frühchristliche Trockenmauertechnik noch einmal begegnen, eine Technik, die Stabilität und Trockenheit ja immer noch miteinander verbindet, was ich unfassbar faszinierend finde.
Im Nachgang bekomme ich mit, dass wir mit unserem Buchungsvorlauf von 14 Tagen wohl etwas Glück gehabt haben, nach wie vor sind die Touren sehr beliebt, obwohl Star Wars nun auch schon wieder sechs Jahre zurück liegt. Aber offensichtlich gibt es noch genug, die hier hoch wollen wegen Luke.
Und ganz ehrlich, ich hab es die ganze Zeit nicht geschnallt. Ich habe die paar Star-Wars-Aufkleber hier und da gesehen. Und ich habe die eilig hocheilenden Menschen gesehen. Und ich habe die vor dem Felsen kreisenden Boote gesehen, bereit, ihre Leuts wieder einzusammeln nach drei Stunden.
Aber ich hab es halt nie mit Star Wars in Verbindung gebracht. Ich war nur glücklich, dass ich meine Bilder sowohl vom Kloster als auch von den Puffins eingesammelt habe. Wobei es von den Puffins nie genug sein können.
Leider verzichtet Mutti auf die Treppen. Dafür quälen sich Leute hoch, die erkennbar unfitter sind als meine 86-jährige Ma…
Zuckersüßes Trostpflaster für den Verzicht auf die 600 Stufen ist übrigens dieser kleine Puffling, der wohl etwas zu früh aus dem Nest wollte und von Möwen angegangen wurde und nun erst einmal etwas geschützt wird.
Irgendwann ist es hier vorbei, das Boot holt uns ab, fährt zuerst um Skellig Michael, danach um die kleinen Skelligs. Alles ist ruhiger und Mittags sind wir wieder in Portmagee. Ein Abstecher zum Information Center vermag uns nicht zu überzeugen. Wir fahren also weiter nach Dingle, zum Harbour House in Castlegregory.
Die pittoreske Halbinsel Dingle hat ja nichts von ihrer Faszination verloren, immer wieder schön hier und immer wieder lassen sich auch noch neue Sachen entdecken. Leider nicht so viel Neues beim Harbour House. Die Lage ist nach wie vor und immer noch grandios, es ist pures Glück. Leider ist aber das Haus an verschiedenen Stellen sichtbar in die Jahre gekommen, ein kleines Facelifting in der Corona-Zeit hätte sicherlich gut getan. So ist es schon eine kleine Enttäuschung. Der Restaurantbetrieb hat es leider nicht in die nach-Corona-Ära geschafft, wie an so vielen Orten. Hier wiegt es sozusagen doppelt schwer, waren wir doch voller Vorfreude hinsichtlich der grandiosen Fischplatte. Schade.
Essen also jeweils in Castlegregory, insbesondere Gregory’s Garden soll hier hervorgehoben werden.
Castlegregory darf als das Zentrum der Maharees (Magharees) gelten, der Rest sind ja Campingplätze, Strände, Pferdekoppeln. So in etwa. Geographisch gesehen ist es ein Tombolo, wie ich bei dieser Reise dazulerne. Ein – in diesem Falle fünf Kilometer langer – Dünenstreifen, entstanden durch Ablagerungen, Sedimente usw. infolge von Küstenströmungen, Wellenbrechungen, gern auch Flussmündungen. So verbindet sich eine Insel mit dem Festland, eine Halbinsel entsteht. Und so mehrt sich das geographische Wissen.
Kein Dingle-Besuch ohne die Hauptstadt der Halbinsel, die aber zunächst gegenüber dem Slea Head Drive zurückstehen muss. Lange nicht gefahren, einfach schön. Dunmore Head und Coumeenoole Beach gehören ganz selbstverständlich dazu. Beides Sehnsuchtsorte, vor allem auch wegen der Nähe zu den Blasket Islands, ein weiterer Sehnsuchtsort, heuer kein Besuch vorgesehen.
Und auch hier neue Aspekte, nicht nur Strände und der faszinierende Blick auf den Atlantik, wofür der Slea Head Drive steht, sollen es sein. Auch ein Blick in die Geschichte mit Gallarus Oratory, Kilmalkedar Church und St. Brendan’s Oratory.
Die Oratorien sind Ende des 8. Jahrhunderts als Bethäuser errichtet worden. Ganz ohne Mörtel oder sonstwas, nur mit losen Steinen in Trockenmauertechnik. Kennt man ja von verschiedenen Mauern zur Begrenzung von Feldern oder bei Wehrmauern, aber ein Bethaus, das so gebaut ist, dass es nicht nur trägt sondern auch innen trocken bleibt? Wow.
Ganz stolz ist man im Gallarus Café auf einen Eintrag im „Lonely Planet. A Spotter’s Guide to Amazing Architecture“, wo das Oratorium neben dem Eiffelturm oder Taj Mahal gelistet ist.
Ergänzend steht hier in der Ecke noch die Ruine der Kilmalkedar Church. Erbaut im 12. Jahrhundert als romanische Kirche über einem älteren Mönchskloster, das schon im 7. Jahrhundert hier gegründet worden sein soll.
Kurzer Stop im farbenfrohen Dingle, anschließend der Conor Pass, der zu einem Dingle-Besuch einfach dazugehört. Auf gerade mal 456 Metern Höhe ist der schmale Pass, ich finde aber, dass er deutlich höher wirkt. Irgendwie ist ja die Referenzgröße für uns immer der Harz und zu einem solchen Pass auf nicht mal der Hälfte der Brockenhöhe fehlt mir bissel die Fantasie. Ohnehin, die Berge hier in der Ecke kommen kaum an die Harzhöhen heran, wirken aber in der Regel höher. Sie sind einfach, eiszeitlich überformt, schroffer.
Links weg sind Mount Brandon und die Brandon Bay, ein paar schicke Wanderungen gäbe es hier, vlt. komme ich noch mal her, heuer fehlt die Zeit.
Abends Sonnenuntergang mit Wein am Panorama-Fenster, natürlich ist das Hotel nach wie vor charmant, es ist halt einfach nur schade, dass die Jahre, in das es gekommen ist, an vielen Stellen so deutlich sichtbar sind.
Gestern die etwas größere Tour entlang des Slea Head Drive mit dem Auto, heute soll das Auto nur ganz wenig bewegt werden. Unsere Wanderung beginnt in der Nähe, bei Kilshannig, also eigentlich am Candeehy Bay Beach. Also eigentlich so geplant, ich wollte bei der Gelegenheit noch paar Austernfischer beobachten und fotografieren, hatte nur nicht mit den überaus aggressiven Möwen gerechnet. Die haben ihre Jungen dabei und sehen mich als Bedrohung an. Okay, damit muss ich leben, die Austernfischer bleiben in der Ferne.
Was aber die Wanderpläne nicht ändert, entlang bizarrer Steine geht es weiter, paar spannende Vögel sind auch da, vor allem aber kommt der nächste langgezogene Strandabschnitt, pittoresk und fotogen gelegen. Rechts weg folgen Koppeln mit neugierigen Pferden und bald haben wir den Ursprungsstrand Candeehy Bay Beach wieder, der Rundweg nähert sich nach acht Kilometern dem Ende. Die aggressiven Möwen sind weg, die Austernfischer leider auch. Aber die Flut hat ein paar Quallen auf dem Strand abgelegt. So als Fotomotiv sind sie mir denn auch deutlich lieber als dass sie mit ihren Tentakeln nach mir greifen.
So geht eine feine Wanderung mit feinen, kleineren und größeren Highlights zu Ende und lässt noch genug Zeit für eine absolute Neuentdeckung auf Dingle.
Glanteenassig Forest ist eine weitere Wandergegend, nur geht’s hier bissel in die Berge und genau hier kommt mir dieser Vergleich zum Harz wieder in den Sinn. So unsinnig er ist, aber das Gehirn scannt ja nun mal die vorliegenden Gegenden anhand im Gehirn abgelegter Gegenden ab. Mit dem Ergebnis, dass es hier keineswegs höher geht, im Gegenteil, der Stradbally ist bei zarten 798 Metern, aber durchaus schroffer. Die etwas düster-geheimnisvoll daherkommenden Seen Lough Caum und Lough Slat tun ihr übriges.
Ich will das gar nicht groß vergleichen, dass ich aktuell die Gegend hier ganz weit vorn sehe, ist sicherlich nachvollziehbar, die Kombi zwischen Atlantik, Halbinseln, Wald und Seen ist dem Harz leicht überlegen.
Und ob wir ein so unfassbar zartes Lamm wie im Georgs Garden im Harz finden würden? Schwer.
Der letzte Tag bringt genau das, was ein letzter Tag bringen soll, ein Full Irish Breakfast, Auschecken, Fahrt quer durchs Land. Ankunft in Magdeburg wie geplant mitten in der Nacht, eine Stunde später in Braunschweig. Und sechs Stunden später geht’s weiter gen Braunschweiger Hütte. Aber das ist ein anderes Thema.