Tagung vorbei, es ruft der Berg.
Wie im letzten Jahr will ich – zumindest für ein WE – in die Schweizer Alpen. Gelegenheit hab ich nicht so oft, daher nutze ich gern unsere Tagung(en) in Konstanz zur Weiterfahrt. Wie letztes Jahr also, nur dass es heuer nicht an den Vierwaldstätter See geht und dann zum Pilatus rauf sondern zum Alpstein. Zum König des Alpsteins, dem Säntis (2.502 m).
Jeder sagt mir, ich werde ihn lieben. Der Rest denkt wahrscheinlich ganz dezent, dass ich ne Macke habe. Aber so habe ich das mir nun mal in den Kopf gesetzt. Also fahre ich los nach der Tagung, um den Kopf frei zu bekommen und nach dem wie immer hervorragenden Sommerfest mich auf diesem Wege auszupowern, meine Grenzen zu erspüren, die Tagungswoche wandernd abzuschließen.
Start an der Schwägalp bei 1.350 m. Und bis zum Berggasthof Tierwies (2.085 m) ist alles okay, ist es ein heftiger, aber eben alpiner Anstieg. Ich find es wirklich immer wieder faszinierend, wie schnell sich die Perspektive in den Bergen ändert und wie schnell das im alpinen Gelände geht. Vor allem ist es immer einfach krass steil, im ersten Teil hab ich die Bergstation und vor allem mein Auto immer noch im Blick, die ganze Zeit, nur einfach immer immer immer kleiner.
Es lässt sich wahrlich nicht behaupten, dass es vom Wege bisher leicht war, definitiv nicht, der Weg zum Säntis hat es in sich. Die Frage, die ich mir halt stelle ist, warum es ab da so unfassbar schwer voran geht. Es wird eine Tortour, härteste Tour die ich je erlebt habe. Glaube ich jedenfalls. Allerdings, die Säntis-Tour ist aber auch der krasseste Anstieg, den ich hatte. Es kann ja nicht nur am etwas veränderten Gelände liegen. Denke ich jedenfalls. Wobei mir die Tiefschnee-Tour mit Rocky auch noch in bester Erinnerung ist. Egal, die Vergleiche hinken erstens und sind auch nicht zielführend. Jede Tour ist eine eigene und besondere. Aber ich schweife ab.
Bisher alpin mit Wegen am Abhang wird es ab Tierwies krass hochalpin. Schneefelder zwischendrin, Steinböcke indes auch, eine willkommene Ruhepause. Aber immer wieder geradezu unfassbar fiese Anstiege. Eine Kurzatmigkeit bremst mich immer wieder aus wie ich sie noch nie erlebt habe. Die Beine können und wollen, die Lunge nicht. Die Etappen zwischen kurzen Ruhepausen werden kürzer und kürzer, mindestens vom Gefühl her. Umkehren ist auch keine wirkliche Option, weil es schlicht der gleiche Weg ist – nur umgekehrt -. Die Option Fotopause bei den Steinböcken hab ich ja schon gezogen.
Also weiter, immer weiter, der Körper fordert seine Pausen und entweder bin ich ziemlich unfit, was ich definitiv nicht ausschließen will oder mich hat C. angeschossen, was ich noch weniger ausschließen will. Oder einfach die Höhe? Denn diese extreme Kurzatmigkeit, so viel sei vorweggegriffen, ist eine Woche später nicht mehr so das Thema. Ist aber vielleicht auch Einbildung, bin ja nicht mehr in den Alpen, da wird alles bissel einfacher:-)
Egal, ich kann beides nicht lösen bei diesem irgendwie immer wilderen Ritt durch den Alpstein. Zuerst nur über scharfe Felsgrate gibt es eine kurze Erholung über ein Schneefeld, aber die täuscht, leider natürlich. Der Weg danach ist vorher quasi nicht einzusehen, vielleicht auch gut so. Es geht ans Klettern, mindestens teilweise, zumindest hat das hier mit Wandern nix mehr zu tun. Ab und an ein Panorama-Blick, vor allem sehe ich aber zu, meine Kräfte beisammen zu halten. Denn irgendwie habe ich in Erinnerung, dass da kurz vorm Gipfel noch was kommt, was gar nicht so angenehm ist, insbesondere weil der Abschnitt davor so ganz ohne Anstieg auskommt und einen in trügerischer Sicherheit wiegt. Aber was habe ich erwartet? Dass es zum Gipfel jetzt bergab geht, ist ja auszuschließen.
Die Himmelsleiter wartet und sie wartet wie ich finde auch eine perfide Weise. Noch geht’s kurz geradeaus, man sieht den letzten heftigen Anstieg schon und breitet sich drauf vor und dann geht es erst runter, um in einer Kehrtwende wieder rauf zu gehen, mit Wandern hat es hier schon lange nix mehr zu tun, aber das hatte ich ja schon geschrieben, es ist einfach nur noch klettern, Bergsteiger haben da noch mal andere Passagen schon klar, aber ich bin ja auch kein Bergsteiger, sondern nach wie vor Wanderer, aber irgendwann hab ich das endlich geschafft, hab ich endlich den Säntis geschafft. 2.502 m. Jetzt nicht die Megahöhe, aber es sind eben der Weg und die Höhenmeter insgesamt.
Passend dazu, gleichsam wie choreografiert, reißt auch hier oben der Himmel nachhaltig auf und gibt den Pano-Rundumblick erst richtig frei.
Und bin glücklich und denke nicht mehr an Kurzatmigkeit oder irgendwelchen Scheiß, der Blick vom Säntis ist rundum einfach nur geil und ja, ich liebe ihn. Und ich freue mich, es geschafft zu haben. Minutenlang kriege ich die Freude nicht mehr aus dem Gesicht und den Gedanken, die Kollegin, die mir da gerade ein Bier bringt versteht mich genau, ohne dass ich zunächst in der Lage bin, ihr i-was zu erzählen. Das heute habe ich mir hart erarbeitet und ich bin echt stolz.
Würde gern hier bleiben, um den Sonnenunter- und aufgang mitzunehmen aber kein Platz mehr in der Berghütte. Ich fahre also runter mit der Bahn und dann noch ein Stück mit dem Auto.
Um am nächsten Morgen am Staubern starten zu können. Ich kürze die Höhenmeter etwas ein, indem ich die Staubern-Bahn nehme. Gestern waren über 1.000 HM, das muss heut nicht sein. Start ist am Gasthaus, direkt neben der Staubernkanzel (1.860 m).
Drei markante Bergseen hab ich im Alpstein entdeckt, gestern lag mir der Seealpsee schon zu Füßen, eine Wanderung indes wäre deutlich zu weit gewesen. Heute wandere ich den Sämtisersee (1.209 m) und den (Fählensee 1.446 m) an. Eine abschließende Wanderung über die Furgglenalp mit ein paar entspannten Kühen und die Saxerlücke kommt hinzu. Gerade im Fählensee spiegeln sich an windstillen Tagen die umliegenden, steil emporragenden Felsen wieder. Die Hoffnung hab ich zwar heute, aber es ist durchaus Bewegung in der Luft, zum Wandern natürlich sehr angenehm, für das Foto mit der perfekten Spiegelung jetzt nicht so, aber so ist das dann. Tut dem Vergnügen ja keinen Abbruch.
Und insbesondere von oben zeigt sich die perfekte Panorama-Lage der Seen nochmal überdeutlich. Eigentlich ist der Blick auf den Fählensee von der Saxerlücke der beste. Zumindest heute.
Da ich noch bissel zu fahren habe, es wartet schließlich ab Montag wieder die Arbeit auf mich, und angesichts der heftigen Tour tags zuvor fällt diese Tour hier insgesamt kürzer und v.a. mit weniger Höhenmetern auch deutlich sanfter aus. Gut so. Ein anstrengendes, aber ein schönes Wochenende war es.
Ich denke, den Alpstein mit seinen vielen Wanderwegen und überragenden Panoramen werde ich noch einmal besuchen. Und den Säntis sicherlich auch, war schon krass. Aber geil:-)