Im März, zu ungewöhnlicher Jahreszeit für den Stammtisch des Historischen Seminars, führt die Exkursion nach Paris. Ungewöhnlich eigentlich auch das Ziel. Normalerweise geht’s ja im Oktober in historisch spannende, aber nicht im touristischen Topfocus stehende Gegenden.
Mit Dr. Taeger ist aber eine Dozentin des Historischen Seminars Braunschweig für ein halbes Jahr vor Ort, so dass von ihr organisatorischer Fronteinsatz geleistet werden kann. Karim, unser busfahrender Student, sammelt uns in aller Herrgottsfrühe in Braunschweig ein, was aber das rechtzeitige Ankommen in Paris sichert.
Volles Programm bringt der nächste Tag mit dem Deutschen Historischen Institut Paris, Musée Carnavalet, Quartier Marais und der Ile de la Cité mit Nortre Dame, wobei den nachhaltigsten Eindruck die Ile de la Cité hervorzurufen vermag. Historisches verbindet sich mit Schönem, denn anmutig liegt der historische Kern, umschlossen und geschützt von zwei Seine-Armen, da. Zuhause waren hier zunächst die Kelten mit dem Stamm der Parisii, später die Römer, die hier Lutetia gründeten.
Jede Menge Fußweg liegt einen Tag später vor uns. Nationalbibliothek, Sorbonne, Pantheon. Seit den Revolutionstagen liegen da die französischen Nationalgrößen. Danach geht es in die Pariser Unterwelt.
Weitere Highlights des Tages folgen zum Nachmittag/Abend. Zunächst der ehemalige Gare d’Orsay, ein zur Weltausstellung erbauter Bahnhof mit allem Schnick und Schnack der damaligen Architekturmode. Nach Einstellung des Zugverkehrs in den 70er Jahren zum Glück unter Denkmalschutz gestellt und so der Nachwelt ansehnlich erhalten. Die Zweitnutzung und Ziel unseres Besuchs begann 1986 als Musée d’Orsay mit ausgestellten Werken zwischen 1848 und 1916 und gelungener Kontextualisierung der Zeit. Ebenso nachhaltig wie die Architektur. Wiederholungsbesuch vorgemerkt.
Das Sahnehäubchen ist in den Abendstunden der Eiffelturm, ebenfalls zur Weltausstellung 1889 erbaut. Es sollte die Attraktion der Weltausstellung werden, hatte aber zunächst aufgrund der gewagt-gewaltigen Eisenkonstruktion mit erheblichen Widerständen zu kämpfen. Wider Erwarten ist er aber nicht eingestürzt oder umgekippt und so ist das bis 1932 höchste Bauwerk der Erde nach wie vor DAS Wahrzeichen von Paris.
Ein Tagesausflug nach Versailles, der alten prunkvollen Residenz französischer Könige schließt sich an. Eleganz, Weitläufigkeit, glanzvoller Prunk, Bedeutungsschwere. Irgendwie scheint das moderne Paris mit seinen Projekten nahtlos daran anknüpfen zu wollen. La Defense, das gigantisch-futuristische Geschäftsviertel ist eines, die Pyramide im Louvre ein anderes. La Defense geht auf städteplanerische Ideen von Le Courbusier aus den 30er Jahren zurück, die die Trennung von Verkehrs- und Geschäfts- bzw. Lebensbereich favorisierten. Entstanden ist dieses moderne Geschäftsviertel indes in den 60ern. Symbolik allerorten: La Defense verweist auf den Krieg 1870/71 und die französische Gegenwehr an dieser Stelle; das Wahrzeichen des Viertels, La Grande Arche ist zur 200-Jahr-Feier der Französischen Revolution eingeweiht. Carrara-Marmor macht sie so strahlend weiß.
Beim Louvre könnte jetzt der Satz mit den Eulen und Athen kommen. Man könnte locker einen Tag für einen Durchgang veranschlagen. So viel Zeit ist nicht, also laufen wir einmal durch den Innenhof und lassen und von der 1989 eingeweihten Glaspyramide beeindrucken. Einweihung 100 Jahre nach der Weltausstellung und Eiffelturm und 200 Jahre nach der Revolution, Zufälle sehen anders aus☺. Symbolische Politik nennt man das wohl.
La Defense und Louvre markieren übrigens die Achsen Champs-Elysées – Triumphbogen – Avenue de la Grande Armée – Avenue Charles de Gaule, zu der auch der Place de la Concorde gehört. Es soll eine der schönsten Platzanlagen der Welt sein, nun denn. Vielleicht ja, weil während der Französischen Revolution Tausende auf dem Platz geköpft worden sind. Wer weiß. Abgerundet wird unser Programm von Montmartre und St. Denis. Wäre ja auch nicht ganz vollständig so ein Paris-Besuch ohne Montmartre und dementsprechend geben wir es uns sowohl in den Abendstunden, um ein wenig von diesem Flair der Bohéme zu erhaschen, als auch am Tage, um die wahrlich ergreifende Sacre Coer mit römisch-byzantinischen Anleihen zu genießen.
St. Denis ist der letzte Punkt vor der Rückfahrt, schön und interessant. Historiker stellen sich ja gerne mal gemeinschaftlich vor irgendwelchen Grabsteinen auf und wenn – wie hier – der Nationalheilige Denis (erster Bischof von Paris und überhaupt ganz wichtig und bedeutend) und die Könige Frankreichs beisammen liegen, dann erst recht und umso lieber. Darüber hinaus schlagen die Herzen von Kunsthistorikern hier um einiges höher, weil hier der Bau zu bewundern ist, der den Beginn der Gotik markiert, als im 12. Jahrhundert der Umbau von romanischer zu gotischer Basilika begann mit europaweitem Einfluss. Fassade + Vorhalle bis 1140, Chor bis 1142, andere Teile folgten später.