Über 10.000 Kilometer war sie lang, die Seidenstraße und es war auch nicht der eine, befestigte Weg. Wie bei so vielem, was sich durch die Jahrhunderte zieht, gibt es nicht das eine Ding, nicht den einen Weg, nicht den befestigten Weg. Sei es naturbedingt, sei es durch Überfälle, die Suche nach immer wieder neuen Wegen gehört zur Geschichte der Seidenstraße. Wann genau die Seidenstraße ihren Start erlebte, ist wohl nicht wirklich klar zu belegen. Auf jeden Fall hat Herodot sie 430 vor Christus recht genau beschrieben. Andere Quellen sagen, dass es um 600 vor Christus losging. Allerdings stellen die Chinesen schon weit länger Seide her. Letztlich ist die frühe Seidenstraße ohne China undenkbar. Zur richtigen Blüte indes gelangte sie unter dem römischen Kaiserreich. Es wird von einer regelrechten Sucht der Römer unter Caesar berichtet, was auch den Preis immens steigen ließ. Das wiederum hat nicht nur Gründe in der Nachfrage-Angebot-Geschichte, sondern auch in dem extrem langen Transportweg. Darüber hinaus wollten Völker entlang der Seidenstraße vom Handel profitieren. Zölle waren an der Tagesordnung.
Zitat aus: Peltz, Lepetit: Usbekistan – Entlang der Seidenstraße nach Samarkand, Buchara und Chiwa. Berlin 112017, S. 62:
Die Größe der Karawanen variierte. Häufig waren um die hundert menschliche Begleiter und mehrere hundert Lasttiere in einer Karawane. Mit 150 Kilogramm konnte ein Kamel für einen zwölftägigen Marsch beladen werden. Die Karawanenführer waren meist keine Chinesen, sondern Sogdier oder Parther. Für die Hin- und Rückreise benötigte man sechs bis acht Jahre; befestigte Straßen gab es nur auf chinesischen und römischen Boden, es war also eine mörderische Reise. Ein chinesischer Augenzeuge berichtet von der Überquerung des bei Fergana gelegenen ‚Eisernen Bergs‘: „Dieser Berg ist steil und gefährlich und ragt bis in die Wolken. Seine Gletscher schmelzen weder im Winter noch im Sommer. Wenn man sie anschaut, erblindet das Auge wegen des gleißenden Lichtes, so dass man nicht lange darauf blicken kann. Schnee liegt zuweilen quer über der Straße, manchmal ist er zehn Fuß (über drei Meter) hoch. Wegen der Winde und des von ihnen aufgewirbelten Schnees ist es schwierig, den Körper vor der herrschenden Kälte zu schützen, obwohl er in mehrere aus Fell gefertigte Gewänder gewickelt ist. Wenn man essen oder schlafen will, so gibt es keinen trockenen Platz, wo man es aushalten könnte. Nach sieben Tagen kamen sie über den Berg hinüber. Zwölf oder vierzehn Mann von der Reisegesellschaft waren verhungert oder erfroren, während die Zahl der Ochsen und Pferde noch größer war.“ Neben den klimatischen und geografischen Schwierigkeiten machten auch die ständigen Überfälle das Unternehmen gefährlich. Nicht nur Wegelagerer, sondern auch Nomadenfürsten störten den Weg der Karawanen. Mehrfache chinesische Strafexpeditionen machten dem Raubrittertum jedoch ein Ende.
Zitat Ende.
Auch als das Seidenmonopol gebrochen war – die Legende sagt, dass eine Prinzessin im Jahre 420 bei ihrer Hochzeit Eier der Seidenraupe aus China schmuggelte – ging der Handel auf der Seidenstraße weiter. Die Blüte des Handelsweges war ungebrochen. Nur dass eben nicht mehr nur Seide transportiert wurde, sondern Schmuck, Gewürze, Edelmetalle, Keramik, Perlen. Ohnehin war ja zuvor auch nicht nur Seide transportiert worden.
Und selbstverständlich spielte auch die Religion eine Rolle, z.B. verbreitete sich der Buddhismus über die Seidenstraße. Aber eben auch andere Religionen. Auch wenn sich die Reiche veränderten, die Völker wanderten, die Räume sich veränderten, die Städte erlebten zu dieser Zeit eine blühende Zeit. In Samarkand, Buchara und Chiwa sieht man es heute noch im Stadtbild.
Zitat aus: Peltz, Lepetit: Usbekistan – Entlang der Seidenstraße nach Samarkand, Buchara und Chiwa. Berlin 112017, S. 62f.
Die Karawansereien und Basare hatten internationales Flair, hier tummelten sich Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern. Die Karawanenhändler genossen, nach den entbehrungsreichen Wochen und Monaten auf der Seidenstraße, in den Städten die angenehmen Seiten des Lebens.
642 zerschlugen die Araber das persische Sassanidenreichen, damit begann die Ausdehnung des Islams nach Osten, was letztlich das Ende der Seidenstraße bedeutete.751 erlitten die Chinesen ihre erste Niederlage gegen ein muslimisches Heer. Zwar blühte auch danach der Handel zwischen Abend- und Morgenland, aber die Welt der Seidenstraße hatte sich durch das Vordringen des Islams stark verändert. Religiöse Toleranz gab es nicht mehr, und kaum ein Europäer gelangte mehr in das Innere Asiens. Marco Polo war einer der wenigen Ausnahmen.
Zitat Ende.
Spätestens als Konstantinopel an die Osmanen fiel, war das Ende der Seidenstraße als Handelsweg besiegelt. Europa orientierte sich um. Der jahrhundertealte Handelsweg zwischen Mittelmeerraum und Nahem Osten verlor seine Bedeutung. Zeitgleich verstärkten die Chinesen unter der Song-Dynastie den Seehandel. Die Gefahren langer Reisen entfielen und Zwischenhändler oder –Länder konnten ausgeschlossen werden. Der Handel über die Seidenstraße wurde durch Schiffe ersetzt.
Aktuell gibt es auf Initiative Chinas Bestrebungen, die Seidenstraße wieder aufleben zu lassen. Sie sind umstritten.