SSV Ulm – BTSV 3:1 (2:0) + Ulmer Münster + Weißenhofsiedlung Stuttgart – 27./28. September 2024

Zurecht regen wir uns ja immer über die Ansetzungen der DFL auf. Zu spät erfolgen sie, langfristige Planungen kaum möglich, auf Entfernungen für Wochentagsspiele wird kaum Rücksicht genommen. Für unser Auswärtsspiel in Ulm können wir uns allerdings nicht beklagen, zumindest von der Planung her. Dass 550 km oder sechs Stunden für einen Freitag natürlich trotzdem ein Brett und eine Frechheit hinsichtlich der Ansetzung sind, steht außer Frage, ein oder mindestens ein halber Tag Urlaub müssen dran glauben.

Wir planen mal wieder inklusive Übernachtung, einmal, manchmal zwei Mal in der Saison passt es. Die Anreise von Rocky, Maik und mir ist arbeitsbedingt etwas kurios, funktioniert aber bestens und wir kommen anschließend staufrei durch nach Ulm.

Wir sind also da, um unseren BTSV zu supporten. Fällt allerdings recht schwer, denn nach gutem Beginn bleibt mit dem ersten Gegentor nach einer viertel Stunde unsere Eintracht wieder mal vieles schuldig und verliert am Ende verdient mit 1:3. Da hilft es auch nix, dass wir zufällig im gleichen Hotel wie unsere Jungs eingecheckt hatten. Lustige Anekdote, mehr nicht.

Am nächsten Tag steht zunächst das Ulmer Münster auf dem Plan. Der höchste Kirchturm der Welt lockt mit seinen 161,53 Metern. 1890 wird er vollendet, nachdem 1377 der Grundstein des Münsters gelegt worden ist. Es ist also nicht nur der Kölner Dom, der irgendwann im Mittelalter begonnen wird (1248) und Ende des 19. Jhdts. vollendet wird.

Anschließend weiter nach Stuttgart zur Weißenhof- oder Werkbundsiedlung, das war mein Wunsch und es wird so spannend, wie ich es erwartet habe. Modernes Bauen at its finest.

Sie wollten das Leben in den Städten verändern: 1927 schufen 17 Architekten in Stuttgart eine Blaupause für moderne Architektur. Die Weissenhofsiedlung bot funktionale Häuser und Wohnungen mit viel Licht, Luft und Wärme. Das war damals ein Novum.

Bekannt wurde die Weissenhofsiedlung durch die Ausstellung „Die Wohnung“ des Deutschen Werkbundes, in deren Rahmen 1927 die Gebäude fertiggestellt wurden. In nur vier Monaten entstanden 33 Häuser auf dem Killesberg, die den Kern der Ausstellung ausmachten. Die Architekten wollten mit der Weissenhofsiedlung moderne Antworten auf die Frage „Wie wohnen?“ geben.

Die Architektur der Häuser und Wohnungen war neu und besonders, etwa das Flachdach, das lange Fensterband, die kubischen Formen oder der schnörkellose Minimalismus. Es gab mehrfunktionale Wohnbereiche mit Schiebewänden, Schiebebetten und Terrassen. Die Gestaltung sollte gesundes, flexibles und freizügiges Wohnen fördern. Gebaut wurde zum Teil mit neuen Methoden und kostengünstigen Materialien, wie Leichtbeton, Korkplatten und Trockenbau.

Ausstellungsleiter Ludwig Mies van der Rohe hatte 17 Vertreter der modernen Bewegung aus fünf Ländern versammelt, darunter Walter Gropius, Hans Scharoun und Charles Edouard Jeanneret‐Gris – besser bekannt als „Le Corbusier“. Letzterer erregte besondere Aufmerksamkeit mit seiner „Wohnmaschine“: Nach dem Vorbild eines Zugabteils verwandelt sich das Wohnzimmer mit wenigen Handgriffen in mehrere Schlafkabinen.

Seit 1958 steht die Siedlung unter Denkmalschutz. 2016 wurde das Doppelhaus von Le Corbusier und Pierre Jeanneret gemeinsam mit dem Haus Citröhan in die Liste des UNESCO‐Weltkulturerbe aufgenommen. Das Haus Le Corbusier ist seit 2006 bereits ein Museum. In der einen Haushälfte können die Besucher die Geschichte der gesamten Siedlung nachvollziehen, die andere Hälfte zeigt das Haus im Zustand von 1927.

Hundert Jahre nach der Internationalen Bauausstellung (IBA) an der Weissenhofsiedlung sollen im Rahmen der  IBA 2027 Visionen für die Stadtregion Stuttgart entwickelt werden. Quelle

Ursprünglich sind es 33 Häuser, zehn davon werden in der Kriegs- und Nachkriegszeit zerstört und durch Neubauten ersetzt. Idee der innovativen und zukunftsgerichteten Entwürfe ist modernes, gesundes, erschwingliches und funktionales Wohnen. Sechs Werkbundsiedlungen entstehen zwischen 1927 und 1932, in Stuttgart, Brünn, Breslau, Zürich, Wien und Prag. Die Siedlungen beeinflussen die Architekturentwicklung des 20. Jahrhunderts wesentlich.

Hier finden sich noch weitere Bilder, Angaben zu den Architekten und einzelne Angaben zu den Häusern -> Link

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Siedlung scharf kritisiert und abwertend als „Araberdorf“ bezeichnet. Bereits 1938 fand ein Architektenwettbewerb für einen Gebäudekomplex der Wehrmacht auf dem Gelände der Weißenhofsiedlung statt, an dem auch Paul Schmitthenner teilnahm. Für diese Planung, die den Komplettabriss der Siedlung vorsah, wurde sie 1939 an das Deutsche Reich verkauft und anschließend allen Mietern gekündigt. Abriss und Neubebauung wurden letztlich aber nicht realisiert.

Als Gegenentwurf wurde in Sichtweite des Weißenhofes von Vertretern der Stuttgarter Schule die Kochenhofsiedlung errichtet. Mit der Siedlung Ziegelklinge (1927–1928), der Inselsiedlung(1929–1930) und der Wallmersiedlung (1929–1931) entstanden zuvor allerdings noch drei weitere Siedlung des Neuen Bauens in Stuttgart. […]

1958 wurde die Siedlung unter Denkmalschutz gestellt. Vorausgegangen waren überregionale Proteste gegen den geplanten Abriss des Doppelhauses von Le Corbusier und Pierre Jeanneret. Von 1981 bis 1987 wurden die noch verbliebenen Gebäude von der Staatlichen Hochbauverwaltung mit Unterstützung der Stadt Stuttgart saniert und dabei äußerlich, in einigen Fällen auch im Innenraum, der Zustand von 1927 wiederhergestellt. […]

Seit 2016 wird in der Stadtregion Stuttgart die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBAʼ27) vorbereitet. 100 Jahre nach dem Aufbruch der Architekturmoderne am Stuttgarter Weißenhof sucht sie nach der Zukunft des Bauens und Zusammenlebens in städtischem und regionalem Kontext. Quelle

Hier noch ein Hinweis auf Le Corbusier, unabhängig von der Werkbundsiedlung.

Im Mai 2019 bestätigt der Europarat die Kulturroute „Auf den Spuren Le Corbusiers: Architekturspaziergänge“ (Destinations Le Corbusier: Promenades architecturales).


Drei Jahre lang hat sich die Association des Sites Le Corbusier mit Unterstützung der Fondation Le Corbusier dafür eingesetzt, dass 24 architektonische Stätten von Le Corbusier zu einer europäischen Kulturstraße ernannt werden. Die Straße führt durch sechs Länder und 21 Städte und regt den Reisenden dazu an, das vielfältige Werk Le Corbusiers und seinen Einfluss in Europa und der ganzen Welt zu entdecken.

Weitere Informationen unter: www.coe.int/de/web/cultural-routes

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