Silvester findet bei mir statt, nach dem Ausschlafen bewege ich mich langsam zum Bahnhof. Der Flughafen in der niedersächsischen Landeshauptstadt ist das Mittel der Wahl. Bequeme Anreise, keine Parkgebühren. Mit bissel Verspätung geht der Flieger, Abends bin ich in Barcelona.
Was fällt einem als erstes zu Barcelona ein? Wahrscheinlich der FC Barcelona, dann sicherlich die Sagrada Familia und – auch wenn schon länger her – auch die Olympischen Spiele 1992 mit der epischen Hymne von Montserrat Caballé und Freddie Mercury.
Passenderweise ist das PW meines Hotels „Barcelona92“.
Start am 02. Januar mit der Sagrada Familia. Ein ambivalentes Vergnügen. Natürlich ist die Sagrada schwer spannend und architektonisch herausragend und gerade die Fenster flashen mich total. Andererseits ist es gerammelt voll, was total nervt. Letztendlich wird dem Bau damit komplett die Würde sakraler Bauten genommen, schon schade. 2022 werden 3,8 Mio Besucher gezählt.
Zum Turm gehts nur mit nem Fahrstuhl hoch, da hätte ich jetzt zumindest die Möglichkeit einer Treppenbesteigung erwartet. Aber ich will auch nicht undankbar sein, runter ging’s ja dann über die Treppe.
1882 wird der Bau begonnen, noch dauert er an. Früher war das Ziel, die Sagrada bis zum 100. Todestag vom Architekten Gaudí fertigzustellen, das wäre 2026. Seit 2020 ist das nicht mehr realistisch, aktuell wird von 2033 ausgegangen.
Seit 2005 gehört sie zum UNESCO Welterbe, 2010 wird sie geweiht. 18 Türme soll sie nach Fertigstellung haben, der Christusturm mit 170 Metern der höchste Kirchturm der Welt sein, das wären dann knapp zehn Meter mehr als der Turm des Ulmer Münsters.
Die Architektursprache erfuhr im Laufe der Zeit mehrere Veränderungen. Es gibt einige Entwicklungsschritte, gotischer und barocker Historismus, katalanischer Modernisme bis hin zu Gaudís abstrakt-expressionistischem Spätstil. Grundriss und Raumaufteilung orientieren sich zwar an der Gotik, gehen aber auch gleichzeitig darüber hinaus. Gaudí arbeitete 43 Jahre an der Kirche, die letzten 15 Jahre ausschließlich.
Auf Deutschlandfunk Kultur ist von Widerständen und Widersprüchen zu hören und zu lesen, irgendwie ja auch verständlich bei einem Bauwerk dieser Bedeutung und Tragweite. Vor allem bezieht er sich auf den Umgang mit dem Erbe Gaudís.
Für andere war sie Symbol einer verhassten Staatskirche, so für jene Anarchisten, die den unfertigen Bau zu Beginn des spanischen Bürgerkrieges 1936 plünderten und dabei Gaudís Pläne und Modelle für den Weiterbau zerstörten. Nach dem Sieg Francos und seines Nationalkatholizismus sollte der „Sühnetempel zur Heiligen Familie“ fertig gestellt werden. Gegen diesen Umgang mit Gaudis Erbe protestierten namhafte Architekten wie Walter Gropius und Le Corbusier. Mitunterzeichner war damals auch der britische Stadtplaner und Architekt David Mackay. Auch fast 60 Jahre nach dem Beginn des Weiterbaus sieht er sich in seiner Ablehnung bestätigt:
„Meiner Meinung nach ist es falsch, das den Besuchern als Gaudí zu verkaufen. Es ist ein ´Postgaudí`. Natürlich basiert es auf seinen Ideen. Aber Gaudí hat, wie alle Architekten jener Zeit, am Ort entworfen. Das war noch kreatives Entwerfen, aber dies hier ist alles von Computern gemacht, und das sieht man. An Gaudis Original-Türmen sieht man noch den Reichtum der Handarbeit. Das kann man mögen oder nicht. Der Nachbau kommt fast an ein Disneyland heran. Man fühlt sich unwohl. Es versucht, die Vergangenheit zu rekonstruieren. Aber wofür? Quelle
Die Orientierung in diesem Stadtteil ist denkbar einfach, rechteckig die Struktur geht es entweder geradeaus oder rechtwinklig ab. Ein paar Worte zur Stadtplanung Barcelonas:
Gerade die Industrialisierung lässt die Bevölkerungszahlen ansteigen, die Altstadt, seinerzeit eingezwängt zwischen Stadtmauern, heute finden wir sowas mit touristischen Augen ja wunderschön, wird zu klein. Die Wohnungen sind überfüllt, die sanitären Verhältnisse katastrophal, Seuchen gehören zum Alltag. 1858 erlaubt die Zentralregierung die Bebauung der Gebiete außerhalb der inzwischen abgerissenen Stadtmauern. Es entsteht der Stadtteil Eixample (Erweiterung) mit dem so markanten Rechteckraster. Festgelegte Seitenlänge 133,33 Meter, abgeschrägte Ecken, sodass die die Straßenkreuzungen zu kleinen Plätzen werden. Nebeneffekt ist, dass sich so eine stringente Verkehrsführung durchsetzen lässt. Verantwortlicher Ingenieur: Ildefons Cerdà.
Cerdà wollte eine moderne, dabei jedoch gleichzeitig menschenfreundliche und soziale Stadt schaffen. Die mindestens 20 Meter breiten Straßen waren weitsichtig für den Verkehr der Zukunft ausgelegt […], sollten in ihrer Ausrichtung aufs Meer und die Serra hin aber auch im wahren Sinne des Wortes für „frischen Wind“ sorgen. Die Höhe der Häuser war auf maximal vier Stockwerke begrenzt, die Bebauung jedes Blocks sollte nur an zwei Seiten erfolgen und jeweils nicht tiefer als maximal zwanzig Meter reichen. Der verbleibende Rest, volle zwei Drittel jedes Blocks, war für Grünflächen und Stätten nachbarschaftlicher Begegnung vorgesehen – Eixample wäre zu einer Art Gartenstadt geworden.
Geplant waren auch, jeweils in einem festen Verhältnis zur Anzahl der Blocks, großzügige Parks, Märkte und Bürgerzentren mit Kindergarten, Schule und Kirche. Durch ihre einförmigen Maße sollten die Häuserblocks zudem egalisierend wirken, die Entstehung ärmerer und reicherer Wohngegenden so vermieden werden.
Allein, Cerdà hatte seine Rechnung einerseits ohne die Bevölkerungsentwicklung, andererseits ohne die Grundstücksbesitzer und Bauspekulanten gemacht. Letzteren erschien die lockere Bebauung nicht profitabel genug, und so wurden die geplanten großen Innenhöfe der Blocks wie auch die Parks rücksichtslos zugepflastert. Der explosionsartige Bevölkerungszuwachs Barcelonas wiederum (innerhalb von fünf Jahrzehnten auf mehr als das Dreifache) führte zu einem derart immensen Anstieg der Immobilienpreise, dass Eixample für die ärmeren Bevölkerungsschichten schlicht unbezahlbar war – ihnen blieb nur die heruntergekommene Altstadt, der zu entfliehen ihnen Cerdà eigentlich hatte helfen wollen.“ (Thoms Schröder: Barcelona. Erlangen 2004, S. 158.)
Zum Thema Stadtplanung gehören selbstverständlich auch die Kacheln, die Zementfliesen, das Panot. Es ist ein Symbol Barcelonas, in jedem Souvenirladen gibt es irgendwas mit dem Symbol. Die von Puig i Cadafalch und Gaudí gestalteten Zementfliesen belegen rund fünf Mio. Quadratmeter Bodenfläche in Barcelona.
1906 wurden fünf Fliesenmodelle genormt: mit Blüte, mit Totenkopf, mit konzentrischen Kreisen, mit vier Pastillen mit vier Kreisen, und zuletzt mit vier Pastillen, die am weitesten in den Straßen Barcelonas verbreitete. Heutzutage werden, obgleich auch viele andere Fliesentypen wie Granit- oder Betonfliesen eingesetzt werden, von diesen Betonfliesen von Beginn des vergangenen Jahrhunderts nur die mit Blüte und die mit vier Pastillen verwendet, die jeweils als historische und als funktionellste Fliese gelten. Tatsächlich belegt die Zementfliese rund fünf Millionen Quadratmeter Bodenfläche in Barcelona.
Die Zementfliese, eine Fliese mit den Abmessungen 20 x 20 Zentimeter, wurde anfänglich genutzt, um die Probleme mit dem Schlamm zu beheben, die in der Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts auftragen. „Die Erschließung des Eixample begann sehr ungleich. Jeder Anwohner pflasterte die 2,5 Meter vor seinem Haus mit dem Material, das von der Stadtverwaltung genehmigt worden war, wie beispielsweise Asphalt, Naturstein oder Zement. Im Jahr 1906 war der Bodenbelag derart chaotisch, dass es viel Schlamm gab und Barcelona unter dem Namen Can Fanga (Haus des Schlamms) bekannt war“, erklärt Danae Esparza unter Verweis auf die humoristischen Cartoons der Esquella de la Torratxa, wo satirisch eine verschlammte Stadt illustriert wurde. Der Einsatz der Zementfliese setzte diesen Problemen mit dem Bodenbelag ein Ende.
Auf dem Paseo de Gràcia wiederum findet man eine andere Art von Fliese, die von Gaudí im Jahr 1904 entworfen wurde. Diese Fliesen waren für die Innenräume des Casa Batlló vorgesehen. Ihr Design ist ein weitere Beispiel für die Genialität Gaudís: Mit einen einzigen Stück kann ein unendliches Mosaik aus Meereselementen erstellt werden. Quelle
Panot Gaudí ist ein Pflasterstein, der auf Grundlage von dem ursprünglichen Relief einer hydraulischen Mosaikfliese von Antoni Gaudí aus dem Jahr 1904 entwickelt wurde. Als Hommage an diesen berühmten Architekten hat die Stadt Barcelona den Paseo de Gràcia mit einem Bodenbelag aus diesen sechseckigen Fliesen gepflastert, die aus den von Escofet produzierten Formen bestehen.
Die „Gaudí-Mosaikfliese“ ist ein großartiges Beispiel für das Genie des Architekten und seine Arbeit, die die Konvergenz zweier Konstanten ausdrückt: Geometrie und Symbolik. Die Form und die Bilder dieser Fliesen erinnern uns an Gaudis Gedanken, basierend auf der sorgfältigen Beobachtung der Formen und Strukturen in der Natur, «Natur, die immer mein Meister gewesen ist. Quelle
Die breite, elegante, pulsierende Hauptachse von Eixample ist der Passeig de Gràcia, der mich fortan nicht mehr loslassen wird, täglich werde ich ihn nicht nur einfach queren, sondern etwas Zeit hier verbringen. Hier sind auch die Casa Milà – La Pedrera, Casa Batlló, Casa Amatller, Casa Lleó Morera – die Modernisme-Dichte ist einfach hinreißend.
Und so ist klar, die Casa Milà gehört auf den Besuchsplan. Casa Milà – La Pedrera. La Pedrera, der Steinbruch, wie die Casa recht schnell im Volksmund heißt, aufgrund des markanten Äußeren.
1905 beauftragen die Industriellen Pere Milà und Roser Segimon Antonio Gaudí mit dem Entwurf ihres neuen Wohnsitzes, der Casa Milà.
Das Interesse ist riesig, vor allem die Säulenstruktur, mit der große und sehr helle Räume geschaffen werden können, macht neugierig.
Gaudí geht weit über den Kostenvoranschlag hinaus, zudem hält er sich nicht an die Vorschriften der Stadtverwaltung: Das Bauvolumen wird weit überschritten, Dachboden und Dach überschreiten die zulässige Höhe, ein Fassadenpfeiler ragt auf den Bürgersteig des Passeig de Gràcia. Letztlich muss das Ehepaar Milà eine Strafe von 100.000 Peseten zahlen, um den Bau zu legalisieren, ihm wird daraufhin der Status eins Denkmals zugewiesen, so einfach ist das manchmal:-). Dennoch, fortan ist das Verhältnis zwischen Architekt und Familie etwas schwierig.
Trotz aller baulichen und funktionalen Innovationen und der ornamentalen und dekorativen Lösungen. Zum Beispiel sorgen zwei große, miteinander verbundene Innnehöfe für Belichtung und Belüftung der sechzehn Wohnungen. Die Vorhangfassade findet Verwendung genauso wie umfassende Schmiedearbeiten im Eingangsbereich und bei den Balkonen.
Geradezu genial ist das Struktursystem aus Stein-, Ziegel- oder Eisenpfeilern, das es ermöglicht, den Innenraum der Wohngeschosse frei zu frei, ohne tragende Wände, zu gestalten.
Innovativ auch die Dachkonstruktion mit 270 Bögen aus Ziegeln, auf denen die Terrasse ruht. Die Bögen sind leicht und ermöglichen eine perfekte Verteilung der Lasten, zudem sind keine Strebepfeiler erforderlich.
Der absolute Hingucker indes ist das Dach selber mit der geschwungenen und offenen Gestaltung und den Schornsteinen, mal freistehend, mal in Gruppen von drei oder vier, immer schön anzuschauen. Sie bildet den Abschluss dieses Ideenfeuerwerks und einmal dabei zieht es mich ein paar Meter weiter zur Casa Battló, dem nächsten Modernisme-Bau von Gaudí, der heutige Tag steht ganz im Zeichen von Antoni Gaudí.
Ich bin immer noch auf dem Passeig de Gràcia, der Hauptachse von Eixample. Im 19. Jhdt. entwickelt sich der Passeig zur mondänen Allee für Fußgänger und Pferdekutschen und wird im 20. Jhdt. zum wichtigsten Boulevard für die Autos.
Casa Battló: Das ursprüngliche Gebäude von 1877 erwirbt 1903 D. Josep Batlló y Casanovas, Geschäftsmann, Textilunternehmer und Besitzer mehrerer Fabriken in Barcelona. Das Haus wird zwischen 1904 und 1906 komplett umgebaut, neue Fassade, neue Zwischenwände, vergrößerter Innenhof. Gaudí hat totale künstlerische Freiheit, die er nutzt und ausspielt, wenig überraschend zählt auch die Casa Battló zum UNESCO-Welterbe.
Die Casa Batlló ist eine Apologie des Glücks, ein vom Meer inspiriertes Gemälde, eine Traumwelt, die an die Natur erinnert und die Fantasie weckt.
Die Fassade bildet den Eingang zu diesem Universum der Symbole, und der innere Dialog mit Licht und Farben weckt beim Betrachter Gefühle. Ihre spektakuläre Schönheit lässt niemanden kalt, und so bleiben zu jeder Tageszeit Leute stehen, um sie anzuschauen. Quelle
Was ich bestätigen kann, hier ist immer was los und mein Eindruck war, dass gerade Abends nochmal mehr Leute hier stehen und auf die verschiedenfarbigen Illuminationen warten.
Alles ist gewellt, alles scheint in Bewegung, alles erinnert ans Meer, alles ist mediterran. Im Inneren sind die typischen Elemente des Modernisme, das Piano Nobile besticht durch die große, geschwungene Fensterfront. Das Dach ist spektakulär, farbenfroh und erinnert in Teilen an die Schuppen eines Drachens.
Die Krönung der Fassade gleicht dem Rücken eines Drachens und führte, zusammen mit dem dreidimensionalen Kreuz (das den Griff eines Degens zeigen soll) zu volkstümlichen Interpretationen: Manche sehen hier einen Zusammenhang zur Legende des Heiligen Georg, der Schutzpatron Kataloniens ist. Gemäß dieser Legende tötete Sant Jordi den Drachen mit seinem Degen, um die Prinzessin und das Volk vor dem wilden Tier zu beschützen. Bei dieser Auslegung wäre die Gestaltung des Daches ein Sinnbild für den Degen im Rücken des Drachens, und die Säulen in Knochenform stünden für seine Opfer. Tatsächlich war die Casa Battló im Laufe ihrer Geschichte auch bekannt als Haus der Knochen oder Haus des Drachens.
Andere sahen in dem Haus eine Wasserlandschaft, die an Monets Gemäldeserie Seerosen erinnert, da es ganz mit bunt glasierter Keramik und Glasfragmenten verkleidet ist. Ein anderes Genie, nämlich Salvador Dalí, bestätigte diese Interpretation:
“Gaudí hat ein Haus gemäß den Formen des Meeres gebaut. Es stellt den Wellengang an einem ruhigen Tag dar. Eine wahre Skulptur der Spiegelungen abendlicher Wolken im Wasser, woraus Formen entstehen von Wasserflächen, Formen von fließendem Wasser, Formen von stehendem Wasser, Formen von glitzerndem Wasser und Formen von Wasser, das durch den Wind gekräuselt wird.”
Gaudí wiederum hat sein Werk nie erklärt und leitete die Arbeiten an der Fassade von außen, ohne genaue Pläne, wie man es von ihm gewohnt war. So hinterließ er uns einen Bau voller Symbole, eine fantastische Vorstellungswelt, ein Gemälde, das eine teilweise unergründliche Geschichte beschreibt, damit jeder Betrachter sie mit seiner eigenen Fantasie zu Ende erzählen kann. Quelle
Die Kacheln des Innenhofes sind in mediterranen Blautönen. Hellblau im unteren Bereich, tiefblau im oberen Bereich, immer so, dass gleichmäßig viel Licht in die Zimmer kommt. Auf den Treppenabsätzen verzerren Glasfenster die Sicht auf die Kacheln und lassen die Anmutung von Wellen entstehen. Der Hauptsaal besticht durch die großen Fenster und organischen Formen, alles scheint zu fließen. Ästhetik, Anmut, Eleganz verbinden sich mit Funktionalität.
Was den würdigen Abschluss auf der Dachterrasse findet, der Dachterrasse mit den Mosaik-Schornsteinen und den Drachenrücken. Bester Tagesabschluss. komoot
Der nächste Tag beginnt wie der letzte endete: mit Architektur. Nur ist es nicht der eher verspielte Modernisme von Gaudí, sondern klare Linien, klare Konturen, klare, fließende Räume aus der Bauhaus-Schule – der Pavillon Mies van der Rohe oder auch der „Deutsche Pavillon“ für die Weltausstellung 1929 in Barcelona.
Gemeinsam mit Lilly Reich gestaltet Mies van der Rohe ein flaches Repräsentationsgebäude mit „freiem Grundriss“, also fließend ineinander übergehenden Raumzonen. Edelste Materialien wie Onyx doré, grünem Marmor und Travertin werden verbunden mit großen, in einer Stahlskelettkonstruktion geradezu schwebenden Glasfronten und geben dem Pavillon so Transparenz und Großzügigkeit. Eine ruhige, erhabene Gesamtanlage, die nach der Weltausstellung zwar abgebaut wird, aber schlicht weiterwirkt und schließlich 1983-1986 von spanischen Architekten rekonstruiert wird.
Zwei wichtige Grundprinzipien dieser Architektur hat Mies van der Rohe mit dem Pavillon verwirklicht:
• Mit dem konstruktiven Prinzip, des so genannten „Freien Grundriss“, hat van der Rohe das Gebäude von den Begrenzungen tragender Wände im Inneren befreit. Die tragende Funktion übernehmen Außenwände oder Stützen. Der Grundriss ist nun flexibel gestaltbar und veränderbar. Wände dienen nur noch als Raumteiler.
• Das räumliche Prinzip „Offener Grundriss“ betrachtet das Gebäude als einen zusammenhängenden Raum, in dem einzelne Funktionen nicht in verschiedenen Räumen strikt voneinander getrennt sind. Die Raumeinheiten gehen fließend ineinander über. Trennende Elemente können Licht, verschiedene Bodenbeläge, unterschiedliche Farben, leichte Raumteiler oder entsprechende Möblierungen sein.
Das Dach aus Stahlbeton wird durch filigrane, kaum auffallende verchromte Stahlstützen getragen. Zwischen diesen reichen Wandelemente und Fenster von der Decke bis an den Boden. An den Wänden und Böden finden verschiedenfarbige Marmorarten Verwendung: Travertino, ein leicht poröses Gestein und Onyxmarmor (Serpentinit), der durch seine Bänderungen erkennbar ist. Quelle
Anschließend, ich bin ja schon am Fuße des Montjuïc entlang des Nationalmuseums Richtung Castell de Montjuïc, was vor allem durch den Blick auf das Mittelmeer besticht. Wenig entfernt das Piscina Municipal de Montjuïc, das Schwimmbad für die Olympischen Spiele 1992. 1929 gebaut, 1955 renoviert, ab 1990 umgebaut Das Becken wird geteilt in eine Anlage für Wasserspringen und ein 25-Meter-Becken, 1992 finden hier das Wasserspringen und das Wasserballturnier statt.
Entlang der Kolumbus-Statue ein Stück der Rambla hinauf bis ich abbiege zum äußerlich eigentlich recht unscheinbaren Palau Güell, hier stehen auch deutlich weniger Leute rum, sehr entspannt.
Es ist das erste größere Werk von Gaudí für seinen Mäzen, den Industriellen Eusebi Güell i Bacigalupi. Der wünscht sich 1885 einen Stadtpalast und bekommt – eine Modernisme-Perle, 1888 zur Weltausstellung eröffnet.
Markant schon die parabelförmigen Eingangstore, Tore für die Kutschen für den Weg direkt in die Pferdeställe. Diese markieren das Untergeschoss. Ein eher burgenartiges Untergeschoss, Pferdestall ist zumindest nicht meine erste Interpretation.
Treppen und parabolförmige marmorierte Stützelemente sind sowohl funktional als auch dekorativ, angenehme Holzvertäfelungen sorgen für warme Farben, für ein wohliges Gefühl in mondäner Umgebung, ein Fest fürs Auge schon jetzt.
Der 17 Meter hohe Salon lässt sich weder adäquat beschreiben noch abbilden, er ist ein Gesamtkunstwerk mit eigener Orgel und Platz für Gottesdienste und Konzerte, die hier stattfanden. Würde verbindet sich mit überwältigendem Eindruck und gleichzeitig zu findender Diskretion. Klingt widersprüchlich, empfinde ich aber genau so.
Versuche ich lieber, beim Beschreibbaren zu bleiben, bei den Bildern und dafür ist die Dachterrasse so wunderbar geeignet.
1895 werden die markanten und für Gaudí so typischen Schornsteine installiert. Schornsteine, die auch zur Belüftung des Hauses dienen, das mag fast untergehen bei dieser Eleganz.
Mit Antoni Gaudí verband Eusebi Güell i Bacigalupi eine ganz besondere Beziehung: Güell war sein Hauptmäzen. Ohne dieses Mäzenatentum hätte Gaudí sicher nicht solch eine überragende Bedeutung erlangt. Güell wurde auf das Talent des jungen Architekten auf der Weltausstellung 1878 in Paris aufmerksam. Gaudí gestaltete eine Ausstellungsvitrine für einen Handschuhladen. Güell fiel die Harmonie mit den Werkstoffen Eisen, Holz und Glas auf.
Viele von Gaudís Werken tragen den Namen Güells: Palau Güell, Colonia Güell – Krypta Gaudí, Park Güell, Pavillon Güell und Celler Güell.
Die beiden verband bis zum Tod Güells 1918 eine tiefe und fruchtbare Freundschaft. Quelle
Anschließend quer durch die Altstadt, entlang der Kathedrale, die ich aber eher links liegen lasse, zumindest heute, zum Palau de la Musica, ich muss mich bissel beeilen, ich will unbedingt noch das Tageslicht mitnehmen. Mitnehmen bis zum Ende des Rundgangs durch den Palau de la Música, denn wenn ich schon keine Karte habe für ein Konzert hier, dann will ich ihn wenigstens sehen, den Palast der Musik.
Es ist gerade mal nicht Gaudí, sondern Lluís Domènech i Montaner. Auch er einer der Modernisme-Stars. 1905 beginnen die Bauarbeiten, 1908 ist Einweihung.
Der „Orfeó Català“, ein Amateur-Musikverein wollte für eigene Aufführungen einen besonderen Rahmen schaffen. Spenden wohlhabender Kaufleute und Industrieller sind vorhanden und so lässt sich mit Lluís Domènech i Montaner ein Stararchitekt der Zeit engagieren.
Sofort fallen die prächtigen mosaikverzierten Säulen auf, die Fassade ist prächtig verziert. Dazu gehört ein außergewöhnlicher Balkon mit einer doppelten Kolonnade mit einer außergewöhnlichen Farbenpracht und Ornamentik.
Der Saal ist unfassbar reich verziert, unfassbar farbenfroh und voll mit Figuren. Das viele Glas verhilft dem Musikpalast zu einer beeindruckenden Helligkeit und verleiht ihm eine zauberhafte Stimmung. Insbesondere das zentrale Oberlicht, eine nach unten gewölbte, gläserne und farbenprächtige Kuppel, ein Symbol für die Sonne, fällt auf. Kurzzeitig erklingt die Orgel und verzaubert den zauberhaften Saal. Ein Fest für die Sinne.
Anschließend Karten schreiben im Restaurant Tosca direkt gegenüber vom Palau de la Musica. Einen passenderen Ort, ein passenderes Restaurant kann es eigentlich nicht geben. Ein kunstvoll gestalteter Palast der Kunst für die Musik direkt gegenüber, das Te Deum im Kopf, lecker Tapas, lecker Wein und ein paar Postkarten für die Heimat.
Den Barkeeper freut nicht nur mein Umsatz, sondern auch, dass ich mich dieser Kulturtechnik widme. An dieser Stelle sei mal ganz allgemein festgehalten, dass wir uns über das Porto in Dtl. nun wirklich nicht beschweren können, das geht auch ganz anders, wobei Spanien da durchaus noch moderat ist. komoot
Vorletzter Tag
Dass es ein Barcelona abseits des Modernisme gibt, will ich heute sehen. Zuerst gehe ich zum Arc de Triomf, dem Eingangstor zur Weltausstellung 1888. Anschließend weiter zum Barri Gòtic, das durch enge und verwinkelte Gassen besticht. Im wesentlichen ist das Viertel aus dem 14./15. Jahrhundert. Herausragend die Kathedrale aus eben dieser Zeit. Sehenswert auch das Stadtarchiv und natürlich der Plaça Reial, der als schönster Platz Barcelonas gilt.
Klingt insgesamt nach wenig, ist es aber nicht, ich bin den ganzen Tag unterwegs hier, es gibt viel zu sehen in der engen verwinkelten Altstadt. komoot
Am letzten Tag noch ein Juwel der katalanischen Jugendstilarchitektur: Das Krankenhaus Hospital de la Santa Creu i Sant Pau, genutzt immerhin von 1916 bis 2009. Als Architekt zeigt sich wieder Lluís Domènech i Montaner verantwortlich, der ist ja noch bekannt vom Palau de la Música Catalana. Zwischen 1902 und 1930 wird die Anlage errichtet.
Die Anlage gilt als bahnbrechend auf dem Gebiet der Krankenhausarchitektur. Einzelgebäude sind durch ein Tunnelsystem miteinander verbunden, großzügige Gartenanlagen unterstützen den Heilungsprozess. Pflanzen und Bäume reinigen die Luft, halten Bakterien fern, beeinflussen das Klima positiv, dienen dem Windschutz und halten die Feuchtigkeit gleichmäßig.
Durch und durch durchdacht und modern, kein Wunder, dass der Komplex auch zum UNESCO Welterbe gehört.
Anschließend mit der U-Bahn zum Flughafen, der Rest ist einchecken, Kontrolle, Warten und dann später mit dem Zug durchs Schneechaos nach Braunschweig.
Wer nun noch alles über Gaudí lesen will, wird hier oder hier oder hier fündig.