Burgentour an Rhein und Mosel – Pfingsten : 2020

Burgentour an Mosel und Rhein oder manche Dinge sind anders als sie scheinen.

Der Corona-Lockdown war hart, der Corona-Lockdown war lang. Und noch sind wir ja mit dem Thema nicht durch. Aber quasi zu Pfingsten gibt es deutschlandweit mehr oder weniger starke Lockerungen und nach Wochen im Homeoffice mit eingeschränktem Bewegungsradius will ich raus, einfach nur raus und eine neue Ecke kennenlernen. Die faszinierende Burgendichte an Rhein und Mosel hat mich schon immer irgendwie gereizt und da meine lange vor Corona geplante Tour nach Krakau nichts werden kann, rückt diese Tour in den Focus.

Mittwoch dann final entschieden, Donnerstag Andreas gefragt, ob er spontan Zeit und Lust hat und Freitag geht’s los. Rechtzeitig sind wir in Boppard, rechtzeitig, um den leckeren Feuerlay zu trinken und die Tour für den nächsten Tag festzulegen. In meinen euphorischen Planungen hatte ich Fahrradtouren ins Auge gefasst. Jetzt, bei genauerer Betrachtung muss ich die Idee wohl unter jugendlichem Leichtsinn verbuchen. Selbstverständlich ist die Vorstellung, an Rhein oder Mosel entlang zu radeln und paar Burgen anzuschauen eine sehr coole. Aber Tagestouren von deutlich über 100 km sind denn doch sehr ambitioniert, damit allerdings nicht genug kommen noch so einige Höhenmeter dazu. Eine ernstzunehmende Burg steht schließlich auf einem schwer einzunehmenden Berg oder Bergsporn. Wir werden in den folgenden Tagen noch gut Höhenmeter zu wandern haben, gut, dass wir es nicht mit dem Fahrrad gemacht haben. Letztlich sind wir auch so, mit der Kombination aus Autofahren und Wandern auf täglich jeweils mehr als 20 Kilometer Wanderstrecke gekommen mit ordentlich Höhe.

45 Burgen, Burgruinen, Residenzen und Wehrtürme gibt es im Oberen Mittelrheintal- die Dichte sucht seinesgleichen.

Die Burgen zeugen von der herausragenden strategischen Bedeutung, die das Tal insbesondere im Mittelalter als Handels- und Verbindungsachse hatte. Zahlreiche Landesherren wollten sich hier ihre Ländereien und die einträglichen Zolleinnahmen sichern, ab dem 11. Jahrhundert wurden Burgen als sichtbare Zeichen der Herrschaftsansprüche errichtet.

Die ersten Burgen sind Niederungsburgen, recht bald kommen Höhenburgen in Spornlage hinzu. Die sind schon aufgrund der Lage bestens gesichert, Eltz ist da ja geradezu prototypisch. Später, so ab dem 13. Jahrhundert, kommen Burganlagen meist in Hanglage hinzu. Die werden dann meist hangseits mit einem Burggraben abgesichert.

Im 16. Jahrhundert büßen viele Burgen ihre strategische und wirtschaftliche Bedeutung sowie ihre Funktion als Verwaltungssitz ein. In den Städten entstehen neue Residenzen, zudem werden die meisten Burgen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) zerstört. Viele Burgen werden im 19. und 20. Jhdt. wieder aufgebaut. Hier zählt dann weniger das ursprüngliche Aussehen, es wird fast immer eine romantisierte Vorstellung des Mittelalters umgesetzt beim Wiederaufbau, Neogotik und Klassizismus werden die Stilelemente, die Rheinromantik wird der Begriff dafür.

Die Geschichte der einzelnen Burgen ist jeweils reich an Wendungen, unfassbar viele Namen wären zu verarbeiten. Das macht hier ja keinen Sinn. Es gibt die genannten Parallelen, die Pfälzischen Erbfolgekriege und die Zerstörungen durch französische Truppen unter Ludwig XIV. haben viele Burgen gemeinsam. Ich habe für die jeweilige Burg drei, vier wichtige oder interessante Facts zusammengetragen, der Rest findet sich jeweils auf wiki extrem detailliert.

Letztlich sind die Burgen sichtbares Sinnbild der deutschen Kleinstaaterei, die bis zum deutsch-französischen Krieg 1870/71 und der daraus resultierenden Gründung des Deutschen Kaiserreiches Bestand hatte. Föderale Strukturen vs. überkommene Strukturen, einer Nationalstaatsgründung im Wege stehende Strukturen, so sind – stark vereinfacht – die Interpretationsansätze. Bisschen weiter gefasst geht es hier dann auch um den sog. Deutschen Sonderweg oder die zu spät gekommene Nation, die sich in Anlehnung an andere Kolonialmächte ab den 1870ern dann auch Kolonien holen wollte, nur war die Welt in gewisser Weise aufgeteilt, was dann nicht unwesentlich der Nährboden für den Ersten Weltkrieg war. Aber damit auch gut mit Geschichte-LK:-). Lässt sich ja bei Bedarf alles gut und ausführlich nachlesen.

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Burg Thurant

  • Die Burgentour beginnt gleich mit einem Hingucker und einer Kuriosität, ab Mitte des 13. Jhdts. sind die Erzbistümer Köln und Trier gemeinsame Eigentümer der Anlage – daher hat jede Hälfte einen eigenen Bergfried, eigene Wohn- und Wirtschaftsgebäude und einen separaten Eingang – verwaltet jeweils durch eigene Burggrafen, heute sind es der Trierer und der Kölner Turm.
  • Später verfällt die Burg, spätestens durch Zerstörungen während des Pfälzischen Erbfolgekriegs dann völlig zerstört. 1689 ist das.
  • 1915/16 lässt der damalige Besitzer Geheimrat Robert Allmers Teile wieder aufbauen, ich gehe davon aus, dass genau das zu dieser charmanten Burg-Ruine in der heutigen Form geführt hat. Seit 1973 ist die Burg in Privatbesitz. Wir hätten uns keinen besseren Auftakt aussuchen können.

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Burg Eltz

  • Die Burg, die es seinerzeit auf den 500-DM-Schein geschafft hat, wird im 12. Jhdt. an einem Handelsweg zwischen dem Moselland und dem fruchtbaren Maifeld erbaut.
  • Auf einem 70 Meter hohen Bergsporn steht sie, Burganlage und Fels orientieren sich aneinander, was man spätestens in den verschiedenen Räumen sieht. Teils gehören Felswände ganz normal zur Inneneinrichtung, teils folgen die Zimmer-Grundrisse eher eigenwilligen – dem Fels geschuldeten – Mustern.
  • 1331–1336 die einzigen schweren kriegerischen Auseinandersetzungen um die Burg, in der Zeit wird die Burg auch für zwei Jahre belagert, bis die Belagerten aufgeben müssen, die grandiose Lage schützt halt nicht immer. Die Besitzverhältnisse bleiben unangetastet.
  • Glück dann im Pfälzer Erbfolgekrieg: während ein Großteil der der rheinischen Burgen zerstört wird, kann Hans Anton zu Eltz-Üttingen, Offizier im französischen Heer, die Burg vor der Zerstörung bewahren.
  • Von Beginn an, also seit mehr als 800 Jahren befindet sich die Burg im Besitz der Familie Eltz, aktueller Eigentümer ist Karl Graf und Edler Herr von und zu Eltz-Kempenich.

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Reichsburg Cochem

  • Die erste Burg steht hier im 12. Jhdt.
  • 1282 von König Rudolf von Habsburg erobert, 1294 wird die Burg samt dem umliegenden Gebiet verpfändet – König Adolf von Nassau will seine Königskrönung finanzieren, später fehlt das Geld, um sie auszulösen, so bleibt die Burg bis 1803 als Landesburg und Verwaltunsgmittelpunkt beim Trierer Erzbistum.
  • Auch Cochem überlebt den Pfälzischen Erbfolgekrieg nur als Ruine.
  • 1868 erwirbt Louis Fréderic Jacques Ravené die Burg bzw. das, was von ihr übrig ist. Ravené ist ein Berliner Kaufmann. Der Wiederaufbau als Sommersitz erfolgt im neogotischen Stil, die Burgenromantik schlägt auch hier zu.
  • Seit 1978 gehört die Burg der Stadt Cochem.

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Ehrenburg

  • 1161 wird die Burg erstmals urkundlich erwähnt.
  • Die folgende Geschichte ist so unfassbar reich an Wendungen und Erbfolgen, das mag bei Interesse gern nachgelesen werden, führt hier deutlich zu weit, allein die Namen stiften bei mir heillose Verwirrung. Aber ich hab bekanntlich auch ein Namensgedächtnis, welches diesen Namen nicht verdient.
  • Seit 1991 ist die Ehrenburg in Privatbesitz und ebenso wie Reichenstein als Hotel genutzt.

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Burg Reichenstein

  • Wahrscheinlich zwischen 1100 und 1200 erbaut, erste urkundliche Erwähnung 1213.
  • In den Folgejahren Eroberungen, Zerstörungen, Wiederaufbauten, endgültig dem Verfall überlassen ab dem 16. Jhdt. nach dem Erbfolgekrieg.
  • Ende des 19. Jhdts. erwirbt Baron Nikolaus von Kirsch-Puricelli die Burg. Puricelli ist Industrieller und Besitzer der Rheinböllerhütte.
  • 1899 bis 1902 Umbau zur neogotischen Wohnburg im englischen Stil. Rheinromantik as its finest.
  • Die Puricellis, weiterhin Eigner der Burg, eröffnen 2015 hier ein Burghotel.

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Burg Rheinstein

  • Baubeginn ist 1316/17 – Verfall ab Ende 16. Jhdt.
  • Im 19. Jhdt. Wiederaufbau der Burg nach Plänen des preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel (Neue Wache, Altes Museum Berlin). Weiter geht’s also mit der Rheinromantik.
  • 1975 kauft der Opernsänger Hermann Hecher die Anlage, sie ist bis heute in Privatbesitz.
  • Der Wanderweg zwischen Rheinstein und Reichenstein ist hervorragend, grenzwertig aber für die Mountainbiker, die uns auf Weg begegnen.

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Burg Sooneck

  • 1271 wird Sooneck erstmals erwähnt.
  • Wie alle linksrheinischen Burgen im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges 1689 von Truppen des französischen Königs Ludwig XIV. zerstört.
  • 1843 bis 1861 als Jagdschloss wieder aufgebaut, größtenteils unter Beibehaltung der historischen Strukturen und Hinzufügung von romantisierenden Gebäuden.
  • Heute im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz.

Leider ist Sooneck coronabedingt geschlossen, aber direkt auf dem Weg liegt der Sieben-Burgen-Blick, eine schöne Wanderung ist es dort rauf, auch wenn das Versprechen mit den sieben Burgen etwas vollmundig daherkommt. Und die auf dem Schild veranschlagten 45 Minuten gelten für Hin- und Rückweg, so jedenfalls unsere Einschätzung.

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Burg Pfalzgrafenstein

  • Erbaut ab 1326, später gibt es verschiedene Ausbaustufen.
  • Pfalzgrafenstein ist ausschließlich als Zollburg errichtet, deshalb nie bewohnt.
  • 1606/1607 Anbau einer massiven Spitze, Verstärkung mit Eisenklammern, weil immer wieder Beschädigungen durch Eisgang, gleichzeitig Errichtung einer Geschützplattform auf dieser Spitze.
  • Heute im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz. Leider auch coronabedingt geschlossen.

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Burg Rheinfels

  • Erbaut ab 1245.
  • In den Jahrhunderten weiterer Ausbau zur Wehranlage, immer wieder verschiedene Besitzer.
  • Im Siebenjährigen Krieg (1756-63) von Franzosen besetzt, später von französischen Revolutionstruppen weitestgehend zerstört und als Steinbruch benutzt, heute besitzt St. Goar die Burg. Es gibt einiges zu entdecken hier, tolle Ruine.

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Burg Stolzenfels

  • Errichtet von 1242 bis 1259 als Zollburg, in den folgenden Jahren immer wieder Ausbauten.
  • 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört, verfällt die Burg in den nächsten 150 Jahren.
  • 1802 der Stadt Koblenz als Eigentum übertragen, die wiederum schenkt die Burg 1815 dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV.
  • Der lässt sie als preußische Sommerresidenz wieder aufbauen, in die alte Bausubstanz wird ein klassizistisches Schloss, u.a. nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel, gebaut. Es lassen sich also Einflüsse der englischen Neogotik finden ebenso wie Schinkels klassizistisch-romantischer Stil.
  • Heute ist das Land Rheinland-Pfalz für die Burg verantwortlich.

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Loreley

Natürlich gehört zu einer solchen Tour auch die Loreley, wir fahren ja unweigerlich dran vorbei. Passend dazu der Heine-Gedenkstein in der Nähe. Heine hat der Loreley und der Loreley-Sage ja ein lyrisch-romantisches Denkmal gesetzt.

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
daß ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar,
ihr goldnes Geschmeide blitzet
sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh,
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lorelei getan.

Und dann gibt es noch dieses Monument:-)

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