Felsen von Gibraltar, Straße von Gibraltar, Alhambra und Mittelmeer. Wenn in Deutschland die Sonne nicht aus dem Quark kommt, dann fliege ich halt zu ihr.
Nach dem bitteren Spiel in Bielefeld muss ich nur noch irgendwie die Nacht rumbringen, denn der Flieger geht frühmorgens von Berlin. Gelingt. Und so bin ich um 9.00 in Málaga, nehme meinen Mietwagen in Empfang und auf geht’s nach Gibraltar.
Dachte ich jedenfalls. Bis ich den Wagen starte und der AdBlue haben will. Habe ich natürlich nicht und sehe auch nicht ein, das zu meinem Problem zu machen. Drei Telefonate später ist mein Mietwagen nicht mehr dunkelblau, sondern schwarz. Aber ich kann endlich starten.
Sind ja noch so knappe 200 Kilometer nach Gibraltar. Erreiche ich dann gegen Mittag und ab geht’s nach dem Abladen der Sachen im Hotelzimmer auf den Felsen.
Der Felsen ist ja schon bei der Anfahrt nach La Línea de la Concepción, wo ich meinen Wagen abstelle um dann über die Grenze zu laufen, weithin sichtbar. Spannend nicht nur als Landmarke, sondern auch geologisch. Und das gleich aus mehreren Gründen.
- Da ist zum einen die geologische Formation des Felsens selber. 426 Meter hoch ist der Kalksteinfelsen. Ziemlich allein steht er da weithin sichtbar und dominiert diesen südlichen Europazipfel.
- Dann die Straße von Gibraltar. Hier oben sieht man die kurze Entfernung nach Afrika mehr als deutlich. Und wie klein diese Meerenge tatsächlich ist. Wer die Meerenge kontrolliert – und das ist letztlich so schwer nicht – hat die Macht über das Mittelmeer. Zumindest war es in den Zeiten vor dem Flugzeug so. Entsprechende Kanonen stehen da heute noch oben. Aber auch heute ist Gibraltar noch ein Zankapfel zwischen England und Spanien.
- Geographisch bedingt ist wohl auch die Existenz der einzigen frei lebenden Affen Europas da oben. Dass die Berberaffen scheu sind, kann man ihnen nicht nachsagen. Manchmal wirkt es, als setzen sie sich extra in Positur, um fotografiert zu werden. Und manchmal, wenn 9er-Busse mit etwas unvorsichtigeren Touristen da oben ankommen, sind sie auch mal ganz flink im Bus und klauen die Taschen. Langweilig wird’s hier oben definitiv nicht.
Abends ist Fußball. Und da das Stadion direkt neben der Start- und Landebahn des Flughafens liegt, darf ich mich an einem weltweit einzigartigen Schauspiel erfreuen. Die Hauptstraße nach Gibraltar hinein kreuzt eben jene Start- und Landebahn. Bei Start und Landung gehen die Ampeln auf Rot, die Schranken runter und die Flugzeuge haben Vorfahrt. Kurios und einzigartig und vor großer Kulisse. Zu der auch die mit 1.777 Metern recht kurze Start- und Landebahn gehört, die ihren Anfang im Meer nimmt und deren Ende im Meer verschwindet. Nichts für schwache Pilotennerven, andere Bahnen sind mehr als doppelt so lang.
Zum Fußball kommen handgezählte 50 Zuschauer. Als während der 1. Halbzeit ein Flugzeug landet, sind die Mannschaften kurz abgelenkt. Eintrittskarten gibt es nicht, Bier ist selbst mitzubringen. Praktischerweise steht direkt hinter der Gegengerade eine Tankstelle. Lynx FC gewinnt bei Europa Point FC 3:0. Das Niveau ist überschaubar.
Am Tag drauf geht’s nach Málaga. Ganz nette Strecke. Check In am Nachmittag und ab in die Altstadt und an den Strand. Schön hier. Am Mittelmeer entspannen geht ja immer und bei angenehmen Temperaturen – und die habe ich – umso besser. Habe ich mir verdient nach der Fahrt:-)
Das wirkliche touristische Programm in Málaga spare ich mir für den Mittwoch auf. Alhambra ist einen Tag später.
Die Santa Iglesia Catedral Basílica de la Encarnación oder kurz die Kathedrale von Málaga ist wuchtig und groß und das Chorgestühl weiß zu gefallen. Gegenüber der Apsis Platz für Restaurants und vor allem den farbenprächtigen Palacio Episcopal, den Bischofspalast mit Museum.
Etwas weiter der Place de la Merced. Ein Traum. Wunderschön. Die Häuser, die den Platz säumen, atmen Würde und Geschichte. Hier soll sich Picasso seine ersten Inspirationen geholt haben. Geboren ist er nicht weit von hier, seine ersten Jahre hat er in Málaga verlebt.
Es ist nicht überraschend, dass hier eine Quelle seiner Inspiration zu finden ist. Das Farbenspiel ist grandios. Lila leuchtende Jacaranda-Bäume und Bäume mit wunderschönen und zarten Blüten. Dazu die Häuser im Hintergrund mit ihren warmen Farben. Eigentlich habe ich es ja nicht so sehr mit der Flora, aber hier kann und will ich mich ihr nicht entziehen. Nicht dass mich Pflanzen nicht interessieren, ich weiß einfach zu wenig über sie, Chilis mal ausgenommen. Und Steine üben eben auch ihren Reiz aus. Zumal sie ja meist mit Architektur und Geschichte zu tun haben.
Kaum entfernt des Place de la Merced ist die Alcazaba. Palast und Festung der muslimischen Herrscher ab dem 11. Jhdt. Verschiedene Höfe folgen aufeinander, verschiedene Palastgebäude. Obwohl einige Leute hier sind, verläuft sich das ganz gut. Sehr schön. Hoch über der Alcazaba steht das Castillo de Gibralfaro. Entstanden im 14. Jhdt. u.a. zum Schutz der Alcazaba. Bis 1925 militärisch genutzt. Auch hier arabische Einflüsse.
Die Coracha, ein befestigter Weg zwischen Castillo und Alcazaba, ist nicht mehr begehbar. Schade eigentlich. Vielleicht wird das ja irgendwann geändert. In Málaga wurde in zurückliegenden Jahren in Infrastruktur investiert, was dem Tourismus zu Gute kam.
Der Blick von hier oben ist bestens. Auf der einen Seite ein feines Málaga-Panorama. Auf der anderen Seite der Blick auf die Ausläufer der Stadt und vor allem das Mittelmeer. Schön isses. Abschließend noch mal zum Place de la Merced, um ein wenig die Abendstimmung einzufangen.
Der Hostelchef ist nicht zu verstehen, ist aber sehr herzlich. Ich verstehe sein Englisch nicht, sein Spanisch ja sowieso nicht, denn ich kann kein Spanisch. Er versteht mein Englisch nicht, denn eigentlich kann er kein Englisch. Aber er will halt doch meinen Namen wissen. Auch wenn er ihn nicht aussprechen kann. Und ich seinen nicht. Aber es ist die einfachste Form der Herzlichkeit und der versuchten persönlichen Nähe. Ein Lächeln und die Frage nach dem Namen. Zum Bier gibt er mir, obwohl ich versichere, schon gegessen zu haben, Oliven und Chips. Gehört in Spanien halt dazu. Trinkgeld wehrt er vehement ab, er will mir statt dessen ein Bier ausgeben. Auch gut.
Auf zur Alhambra. Locker über die A7 schön am Mittelmeer entlang und dann noch paar Kilometer auf der A44, rechter Hand die Sierra Nevada. Zwischendrin ein Stausee. Man kann langweiligere Stecken erwischen.
Eine mittelalterliche Stadtburg mit separater Zitadelle und vorgelagertem Sommerpalast ist die Alhambra. Wahrscheinlich ist das die arabische Bezeichnung für ‚Der rote Palast‘. Unübersehbar die maurischen Einflüsse. Entstanden über die Jahrhunderte, kein Wunder, dass sie mit Palacios Nazaríes, Alcazaba, Medina und Generalife aus vier markanten Teilen besteht.
Massig Leute sind hier. Und fast alle wollen zu den Palacios Nazaríes. Wird schubweise geregelt, so mit Uhrzeit auf der Eintrittskarte und so. Schon schick hier. Sie sind definitiv schön, gerade die künstlich angelegten spiegelglatten Teiche oder die filigranen Säulen mit ihren maurischen Verzierungen. Allerdings – und deswegen fühle ich mich nicht rundum wohl – ist mir das bisschen zu viel Massenabfertigung und Durchschleusen von Gruppen, so dass mal Ruhe für den einen Raum, Kontemplation oder für ein Foto nicht wirklich ist. Klar, ohne Steuerung der Ströme würde hier das Chaos ausbrechen. Aber auch wenn ich es nachvollziehen kann muss es mir ja nicht gefallen.
Später in der Alcazaba und Medina verläuft sich das zum Glück. Dafür ist es aber auch nicht mehr so spektakulär. Nach den Palästen mit all den Nebengebäuden ist dann Platz und – trotz weiterhin vielen Menschen – deutlich mehr Ruhe. Der Palast Carlos V. liegt ganz auf dem Weg. Der Palast, der nie einer war. Zwar erteilte Karl V. 1527 den Auftrag zum Bau, aber fertiggestellt wurde er erst im 20. Jhdt. Ein umstrittener Palast, für den Teile der Königspaläste (Palacios Nazaríes) abgerissen wurden und der die Architektur der Paläste zerstöre, so die zeitgenössischen Kritiker. Vielleicht wirkt er – trotz eines mittlerweile eines darin untergebrachten Museums – gerade deswegen ziemlich leblos.
Richtig schön wird’s dann nochmal im vierten Abschnitt. Die Paläste der Sommerresidenz Generalife beeindrucken mit ihrer Luftigkeit. Die Gärten sind grün und bunt und haben ein paar Springbrunnen zu bieten. Rosenbeete, Springbrunnen, locker leichtes Lebensgefühl. Guter Schluss für meinen Alhambra-Besuch.
Einmal noch lecker Essen gehen und dann ist sie auch schon rum die Woche. Schön war’s.
Hier kommen noch zwei faszinierende Fotos von Alexander Gerst aus dem Weltraum. Faszinierend auf doppelte Weise: einmal die „unsichtbaren“ Wellen und zum anderen die geostrategische Lage, die sich bei den Bildern in beeindruckender Klarheit zeigt.