SIZILIEN – 03. – 13. Oktober 2024

Next Stop Sizilien. Zu viert haben wir uns einen kleinen, aber feinen 10-Tages-Rundkurs zusammengestellt. In Noto beginnt der unvergessliche Urlaub.

03.10.

Um 10:00 geht’s zunächst von Braunschweig nach Berlin, zumindest für Armin und mich, am BER treffen wir Amira, auf geht’s mit dem irren Iren nach Catania. Den Mietwagen entgegen genommen und auf nach Noto in unsere erste Unterkunft, Eva, von Köln/Bonn kommend, ist uns vorausgereist.

Wir stellen fest, dass es spät ist und die Supermarktdichte unseren ersten Versorgungsplänen diametral entgegen steht. Plan B muss her, es geht auf 22:00 zu. In der Innenstadt von Noto finden wir kurz vor knapp noch einen Laden, der Arancini und Cannolo hat und Biere und Wasser. Der Preis ist astronomisch, aber die erste Grundversorgung ist gesichert.

Auf der überragenden Terrasse unserer Bude in Noto können wir es genießen, beäugt und umgarnt von hinreißenden Kätzchen. Die sich natürlich einen Scheiß für uns interessieren, die interessiert nur das Essen, aber ihre Gesellschaft macht mich dennoch glücklich, mich und Eva, um genau zu sein, Armin und Amira nehmen es mehr oder weniger einfach so hin.

04.10.

Am nächsten Morgen laufen wir zum kleinen Supermarkt in der Nähe unserer Lodge, der Weg ist schön und der Supermarkt nicht minder. Wie viele Sachen sich auf so wenig Fläche verteilen lassen ist faszinierend. Irgendwann haben wir alles zusammen, was zu einem guten Frühstück auf den grandiosen Terrasse gehört.

Anschließend Richtung Noto. Wir fahren so dahin, ein konkretes Ziel haben wir noch nicht eingegeben – ja, auch das geht heutzutage noch:-) – und stellen irgendwann fest, dass wir mehr oder weniger konkret auf das historische Noto zusteuern. Das Noto, welches 1693 einem Erdbeben zum Opfer gefallen ist. Alles, was übrig ist, ist ein Haufen Steine. Eine große Wanderung wird‘s nicht, hatten wir ja so auch nicht geplant. Ein kurzer Blick auf die Trümmer, weiter nach Noto.

Am 9. Januar des Jahres 1693 bebte abends gegen 21:00 Uhr die Erde mit ungewöhnlicher Stärke und erschütterte die Städte des Val di Noto. Was danach noch stand, wurde bei einem zweiten verheerenden Beben dem Erdboden gleichgemacht. Dieses ereignete sich nur zwei Tage später am 11. Januar, als die Menschen bereits mit den Aufräumarbeiten begonnen hatten.

Es war ein Seebeben, das danach einen Tsunami auslöste, der weite Teile der Küste überschwemmte.

Von den 20 000 Menschen, die in Catania lebten, haben gerade mal 4.000 diese Katastrophe überlebt., Ragusa verlor die Hälfte seiner Bevölkerung und Syrakus ein Viertel. Noch über ein Jahr danach gab es Nachbeben. Quelle

Insgesamt werden mindestens 70 Gemeinden zerstört, ca. 60.000 Menschen sterben. Die zerstörten Städte werden entweder an anderer Stelle wieder aufgebaut, wie Noto, oder in neuer Stadtstruktur, wie Catania oder Ragusa. Gemeinsam ist ihnen der Barock, Baustoffe der jeweiligen unmittelbaren Umgebung werden verwendet.

Also Kurs auf Noto. Das Noto, was nach dem Erdbeben neu geplant und aufgebaut wird. Das Noto, was fortan im Barockstil erstrahlt. Das Noto, was sich in Freitreppen und Fassaden der Kathedralen von Modica und Ragusa spiegelt, denn die sind aus der gleichen Zeit und haben daher Ähnlichkeiten.

Ein regionales Gesamtensemble – das Val di Noto hat seit 2002 den Status als Weltkulturerbe wegen seiner typischen spätbarocken Städte und umfasst die südöstlichen Provinzen Siziliens.

Hier der Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO:

Late Baroque Towns of the Val di Noto (South-Eastern Sicily)

The eight towns in south-eastern Sicily: Caltagirone, Militello Val di Catania, Catania, Modica, Noto, Palazzolo, Ragusa and Scicli, were all rebuilt after 1693 on or beside towns existing at the time of the earthquake which took place in that year. They represent a considerable collective undertaking, successfully carried out at a high level of architectural and artistic achievement. Keeping within the late Baroque style of the day, they also depict distinctive innovations in town planning and urban building. Quelle

Start am Porta Reale o Ferdinandea mit einem Pistazienkaffee, lecker, allerdings so mächtig, dass allein er einem zweiten Frühstück nahekommt. Pistaziencreme, Kaffee, Sahne, gemahlene Pistazien obendrauf.

Noto ist beschaulich und barock und liebenswert, der Gang durch die Stadt gefällt. Entlang der Chiesa di San Francesco d’Assisi all’Immacolata; zur Cattedrale di San Nicolò, bis zur Chiesa di San Domenico inkl. der Seitengassen gibt es einiges zu entdecken. Inklusive der besten Cannoli der Tour im Caffè Sicilia.

Kurzer Zwischenstopp an der Villa, der Pool ruft. Dabei entdecken wir gleich noch, dass hier nicht nur bezaubernde Kätzchen unterwegs sind, sondern auch noch herzzerreißende Katzenbabys. Ein absoluter Traum das Dream House.

Bissel außerhalb von Noto ist es, für die abendliche Pasta bemühen wir ein Taxi. Nicht ganz billig, aber hey, es ist Urlaub.

05.10.

Ziel ist Syrakus. Zur Zeit der Griechen ist Syrakus die größte und reichste Stadt im gesamten Mittelmeerraum. 500.000 EW sind es im 5. Jhdt. vor Chr. Geostrategisch bestens gelegen ist aber dennoch im 3. Jhdt. v. Chr. Schluss mit der griechischen Herrschaft – Rom erobert im zweiten Punischen Krieg Sizilien.

Star des ärchäologischen Parks ist das Griechische Theater, das zur damaligen Zeit größte Amphitheater der Antike mit 15.000 Sitzplätzen. Die Akustik ist bestens. Weiter gibt es das römische Amphitheater, die Latomie (Steinbrüche aus antiker Zeit) und viele Skulpturen, die aber eher jüngeren Datums sind und einige zusätzliche Fotomotive hergeben. komoot

Anschließend noch nach Syrakus City sozusagen, die Gassen sind spannend, der Weg entlang des Wassers top – Mittelmeer geht ja immer – der Domplatz schön, aber nicht nachhaltig beeindruckend. Angeblich soll es einer der schönsten Plätze von Sizilien sein. Ernsthaft? Schön ja, richtig schön, aber Noto hat da echt mehr Charme. Ich bin ja eh vorsichtig mit diesem „schönsten von“ usw., das ist zwar grundsätzlich immer ne gute Empfehlung, aber oft ist mir da zu schnell ein Hype drin, insbesondere wenn Insta & Co. dazukommen.

Am Abend entscheiden wir uns, die grandiose Küche zu nutzen und selber zu kochen. Die Villa ist überragend, ein Traum von einer Villa, ein Traum von einer Küche, ein Traum von einer Terrasse. Hier hätten wir locker auch ein oder zwei Nächte länger buchen können, aber das werden wir öfter sagen bei der Tour und das Gefühl hatten wir ja auch schon ein Jahr zuvor in Albanien bei der einen oder anderen Unterkunft. Das alte Problem – suchen, sehen, staunen und weiterreisen oder länger verweilen. Viel entdecken wollen oder länger die Ruhe und den Ort genießen und ggf. Punkte liegenlassen. Es wird sich nicht auflösen lassen.

06.10.

Die Zeit in Noto, die Zeit mit den hinreißenden Kätzchen, die Zeit in dieser grandiosen Villa ist vorbei. Die kleine Sizilien-Rundreise geht weiter, weiter zum Tal der Tempel. Wir haben ein bissel Strecke, aber es lässt sich gut fahren.

Das Tal der Tempel in Agrigent lädt ein zu einer kleinen Wanderung, das Wetter ja sowieso. Sehr sehr spannend.

Acht griechische Tempel, zwischen 510 und 430 v. Chr. erbaut, jeder Tempel einzigartig. So wie Syrakus gilt auch Agrigent als eine der mächtigsten Städte im Mittelmeerraum. 582 v. Chr. gegründet wird Agrigent kulturelles, intellektuelles, militärisches Zentrum und Handelszentrum natürlich auch. Aber auch Rivalin von Syrakus und schließlich 406 v. Chr. von den Karthagern erobert. Aber – die Stadt ist nie ganz untergegangen, nie komplett bedeutungslos geworden und so ist die archäologische und historische Bedeutung ungebrochen.

[Die] Tempel sind nicht nur beeindruckende architektonische Strukturen, sondern auch Orte von großer religiöser Bedeutung. Sie waren Orte, an denen die alten Griechen ihre Götter verehrten und Gebete und Opfergaben darbrachten. Jeder Tempel war einem bestimmten Gott gewidmet und spiegelte die religiösen Überzeugungen und Praktiken der antiken griechischen Kultur wider. […]

• Hera-Tempel: Dieser Tempel ist der griechischen Göttin Hera gewidmet. Er wurde im 6. Jahrhundert v.Chr. erbaut und ist einer der ältesten Tempel im Tal der Tempel. Der Hera-Tempel ist ein beeindruckendes Beispiel für die architektonische Schönheit und Pracht der antiken griechischen Tempel.

• Tempel von Concordia: Dieser Tempel ist einer der am besten erhaltenen griechischen Tempel. Der Tempel von Concordia wurde im 5. Jahrhundert v.Chr. erbaut und ist ein herausragendes Beispiel für die dorische Architektur. Er ist bekannt für seine gut erhaltene Fassade und seine kunstvollen Reliefs.

• Tempel des Herakles: Dieser Tempel ist dem griechischen Helden Herakles gewidmet. Er wurde im 6. Jahrhundert v.Chr. erbaut und ist ein Symbol für die Stärke und Heldentaten des Herakles. Der Tempel ist mit seinen imposanten Säulen und seiner beeindruckenden Größe ein beeindruckendes Beispiel für die griechische Architektur.

• Tempel des olympischen Zeus: Dieser Tempel ist dem Göttervater Zeus gewidmet. Obwohl der Tempel heute größtenteils in Ruinen liegt, geben die verbliebenen Säulen einen Eindruck von seiner einstigen Größe und Pracht.

• Tempel der Dioskuren: Dieser Tempel ist den göttlichen Zwillingsbrüdern Kastor und Pollux gewidmet. Heute sind nur noch vier Säulen des Tempels erhalten, die jedoch ein beeindruckendes Bild bieten.

• Tempel des Hephaestus: Dieser Tempel ist dem Gott Hephaistos, dem Schmied der Götter, gewidmet. Der Tempel ist weniger gut erhalten als andere, aber seine Überreste zeugen immer noch von seiner einstigen Pracht.

• Demeter-Tempel: Dieser Tempel ist der griechischen Göttin Demeter gewidmet. Er ist ein Zeugnis für die Bedeutung der Landwirtschaft und der Fruchtbarkeit in der antiken griechischen Kultur.

• Tempel des Asklepios: Dieser Tempel ist dem griechischen Gott der Heilung, Asklepios, gewidmet. Der Tempel ist ein Ort der Verehrung und des Gebets für Kranke und Verletzte. Quelle

Wir haben uns beschränkt auf die drei Haupttempel, die auch am besten erhalten sind: Hera-Tempel, Tempel von Concordia und Tempel des Heracles. komoot gibt Auskunft.

Anschließend weiter nach San Leone, das kleine Hotel ist okay und überzeugt mit zwei coolen Dachterrassen. Die eine beschert uns einen Topsonnenuntergang, die andere versüßt uns das Frühstück am nächsten Tage.

07.10.

Aber auch hier müssen wir weiter, viel mehr gibt’s in der Ecke aber auch nicht zu sehen, wir fahren also weiter gen Cefalù. Aus zwei Stunden werden drei Stunden, die Strecke nicht stringent, dann Megabaustelle, falsch abgebogen, weil ich zu ungeduldig bin und schon eiern wir rum zwischen irgendwelchen Umleitungsschildern, die uns erst in eine Richtung schicken, um uns dann in genau die andere Richtung zu schicken. Nach einer halben Stunde sind wir an exakt der gleichen Stelle wie zuvor. Irgendwann sind wir wieder in der Spur, Cefalù kommt näher und so haben wir noch zwei Stunden für Cefalù.

Das malerisch gelegene Städtchen hätte mehr Zeit verdient gehabt, aber wir wollen halt auch noch weiter. Weiter in die Berge. Unbekannte Serpentinenstraßen und die nehme ich beim ersten Mal gern bei Tageslicht. Wir sind auf dem Wege nach San Marco d’Alunzio und außer, dass aufgrund Evas Buchung die Neugier groß ist, haben wir keine Idee, was uns in San Marco d’Alunzio wirklich erwartet. Und das ist auch gut so, genau diese Neugier gehört ja zum Reisen.

Die Unterkunft zu finden ist zwar eine kleine Aufgabe, aber sowohl die Unterkunft als auch und insbesondere der Empfang von Allessandro entschädigen so was von. Zeitweise haben wir das Gefühl, dass er uns den ganzen Abend mit seinen Geschichten begleiten will, aber er kriegt die Kurve. Nach einem Aperitif, einem oder zwei Bier, unfassbar vielen Geschichten über San Marco d’Alunzio lässt er uns allein bzw. auf den Weg zum La Machia. Herausragendes Restaurant, wir entscheiden uns auf Empfehlung zu den Vorspeisen nach sizilianischer Art – und bekommen 13 verschiedene Kleinigkeiten. Hammer.

Die unfassbaren Panoramen und Aussichten auf die Liparischen Inseln liegen da zwar schon im Dunkeln, aber die Bilder bleiben präsent. So präsent, dass wir ein Aufstehen zum Sonnenaufgang in Erwägung ziehen. Eva und ich schaffen es, gut zwei Stunden Stunden vor dem Frühstück hoch zum Castello normanno. Anschließend durch viele kleine, pittoreske Gassen, Treppen hoch, Treppen runter, entlang von mindestens fünf Kirchen, die in dem 1.812-EW-Örtchen verteilt sind. Es ist die Mischung aus morgendlichem Erwachen, farbenfrohen, malerischen Häusern, alten Gemäuern und viel Vorfreude auf die Liparischen Inseln, die sich wie Perlen vor der Küste aufgereiht haben und aus den 540 m Höhe wunderschön anzusehen sind. Die reinste Poesie dieser Ort. komoot

An der Stelle des heutigen Ortes stand das antike Aluntium oder Haluntium. Im 4. Jahrhundert v. Chr. übernahmen die Griechen die Herrschaft. Die damalige Stadt hatte offenbar große regionale Bedeutung, denn sie hatte eine eigene Währung. Während der römischen Herrschaft hatte das damalige Haluntium die Bedeutung einer Civitas Decumana und besaß einen eigenen Senat.

Während der folgenden Jahrhunderte verlor die Stadt an Bedeutung und war um das 6. Jahrhundert vermutlich eine byzantinische Festung.

Während der normannischen Herrschaft blühte die Stadt wieder auf. 1061 erbauten die Normannen das Kastell San Marco, um das sich die hauptsächlich griechische Bevölkerung niederließ. Ein öffentliches Bad, eine Werft und ausgedehnte landwirtschaftliche Anlagen bezeugen die Blüte jener Zeit. Von 1398 bis 1806 besaß die Familie Filangieri den Ort als Lehen, 1830 folgten ihnen die Lanza als Erben. Quelle

Um 9:00 Uhr erwartet uns Allessandro mit einem sensationellen, quasi nicht enden wollendem Frühstück. Nur der Kaffee is nich so seins.

Dennoch, wir müssen weiter, die Fähre nach Vulcano wartet sicher nicht. Vom 08.10. – 10.10. werden wir auf den Liparischen Inseln sein. Nach Vulcano führt uns das Tragflächenboot, Mittags sind wir da und sofort umfängt uns der Geruch von Schwefel, keine Frage, wir sind auf einer Vulkaninsel.

Zehn Minuten später – wir sind im Hotel – beginnt die Überlegung, was zu unternehmen wäre. Chillen am Meer vs. Wandern auf den Vulcano in bissiger Sonne, der Pragmatismus und meine Hibbeligkeit entscheiden, dass ich auf den Vulcano starte, Eva, Armin und Amira an den Strand gehen. Aber es war klar, dass ich früher oder später auf den Vulkan, auf den Vulkan mit seinen markant rauchenden gelben Schwefelfeldern will, dann kann das Unternehmen auch gleich jetzt starten.

Vulcano ist die südlichste und drittgrößte der der Liparischen Inseln, immerhin 900 EW leben hier. Grundsätzlich gilt der Vulkan als aktiv, auch wenn er derzeit ruht. 1890 war die letzte Eruption.

Der Krater raucht und schwefelt vor sich hin, der eigentlich interessanteste Teil ist gesperrt, okay, in diesen Abschnitten ohne professionelle Atemmaske herumzulaufen dürfte der Gesundheit extrem abträglich sein. Lieber vertrauen also auf die Ergebnisse der Messstationen hier oben, die die Temperaturen und Gaskonzentrationen messen.

So geht‘s dann also auf 390 Meter, zunächst noch entlang von Sträuchern, recht schnell sind die bei dem kontinuierlichen Aufstieg aber nicht mehr präsent, spannend ist, wie sich das Gestein abwechselt und wie die Erosion den Berg formt und formt und formt. Später dann der Kraterrand, den Gipfelpunkt erreiche ich noch bei strahlendem Sonnenschein, dann schieben sich paar Wolken davor, auch gut, ich habe meine Bilder geschossen und für den Weg zurück brauche ich die Sonne ja nicht zwingend. komoot

09.10.

Den Gang zum Strand hole ich nach dem Frühstück nach, spannend hier vor allem die Solfatare. Unübersehbar auch hier: wir sind in vulkanischem Gebiet unterwegs.

Mittags startet dann unsere Tour zum Stromboli, kurzentschlossen haben wir eine rundum-sorglos-Bootstour gebucht. Kurz zur Nachbarinsel Lipari, paar weitere Gäste eingesammelt und dann erstmal weiter nach Panarea. Zwischenstopp, wir sind dem Stromboli schon bissel näher, paar nette Fotomotive.

Sehr spannend auch die Solfatara Lisca Bianca. Sektperlen gleich blubbert das Wasser vor sich hin, suchen sich die Gase ihren Weg.

Weiter geht‘s, bald steuern wir die Insel an, strahlender Sonnenschein, eine kleine Rauchfahne zeugt von vulkanischer Aktivität.

Das soll alles sein? Was ist los mit dem Mythos? Einer der höchsten und aktivsten Vulkane Europa (924 m über dem Meeresspiegel, gesamt ca. 3.000m) soll gerade heute ruhig sein? Kann ich mir nicht vorstellen. Wie mag es also weitergehen? Denn das Boot setzt uns ab im Hafen San Vincenzo und dann heißt es, in zwei Stunden geht‘s weiter.

Den Rauchfahnen des Stromboli sind wir nun näher, aber wir wollen ja mehr. Wir werden uns wohl gedulden müssen. Also laufen wir zunächst durch den kleinen Ort, genießen die Zeit und die Pizza, um dann rechtzeitig am Schiff zu sein, natürlich auch in der Hoffnung auf gute Plätze auf dem Oberdeck, denn mittlerweile ist schon klar, die weitere Tour kann nur über die Sciara Del Fuoco, die Feuerrutsche, gehen und die ganzen Verzögerungen helfen der heimischen Wirtschaft und bringen uns der Dunkelheit näher.

Die vulkanischen Aktivitäten sind halt nur auf der Nordwestflanke zu sehen und selbstverständlich wirken sie bei Dunkelheit einfach mal besser. Kennen wir ja vom Fußball, Bengalos machen bei Flutlichtspielen, bei dunklem Himmel einfach mehr Sinn.

Die 700 m hohe Vulkanflanke reicht vom Krater bis zum Meeresspiegel und setzt sich unter dem Meeresspiegel noch mal 700 m fort. Lava und pyroklastisches Material formen die Flanke beständig neu, ca. 700 Kubikmeter sind es täglich. Entstanden ist die Sciara del Fuoco vor etwa 5000 Jahren, als die nordwestliche Flanke des Vulkankegels kollabierte. Sozusagen Alltag hier, Erosion und Trümmerlawinen ereignen sich immer wieder hier.

Eine solche Trümmerlawine war Ende Dezember 2002 Auslöser eines Tsunamis. Letzterer verursachte erhebliche Schäden im nördlichen Teil der Insel, als die mehr als 10 m hohe Welle 130 m weit in das Landesinnere vordrang. Da sich das Ereignis im Winter ereignete, befanden sich nur wenige Personen auf der Insel, so dass niemand zu Schaden kam. Die Wellen waren noch an den Küsten Siziliens, Kampaniens und Kalabriens auszumachen.[…]

Von solchen Einstürzen oder Teilenstürzen der Sciara gehen […] die größten Gefahren des Stromboli aus. Vor allem der unter dem Meeresspiegel liegende Bereich des Hanges gilt aufgrund der Menge des aufliegenden Materials und seiner Neigung von 45° als äußerst instabil. Quelle

Zunächst fahren wir um den Strombolicchio, Teil des ältesten Vulkankegels der äolischen Inseln, herum, nehmen noch einen feinen Sonnenuntergang mit, um uns dem ultimativen Tageshöhepunkt zu näheren. Vom Boot aus sind die Feuerpunkte gut zu sehen, etwas weit entfernt zwar, aber wir wollen nicht Gefahr laufen, so nen Lavaklumpen auf den Kopf zu kriegen. Besser bissel Abstand, muss es halt der Zoom erledigen.

Je dunkler es wird, desto wilder, atemberaubender, farbenprächtiger wird das Schauspiel. Wir haben ordentlich Zeit und i-wie doch zu wenig, das hier könnte ewig weitergehen. Die vulkanischen Aktivitäten dauern nun schon seit 2.300 Jahren an, zuweilen wird der Stromboli daher auch Leuchtfeuer des Mittelmeeres genannt. Und tatsächlich navigierten Seefahrer in der Antike mit Hilfe des Stromboli.

Bereits im Neolithikum 2000 bis 1400 Jahre vor Christus waren die Vulkane der Äolischen Inseln durch den Handel mit Obsidianwerkzeugen (Obsidian = vulkanisches Glas) bekannt. In der Moderne setzte sich der Mythos von Stromboli fort. […] 924 Meter Höhe mögen neben Vulkanen wie dem Ätna kaum beeindrucken, bedenkt man jedoch, dass das Tyrrhenische Meer an dieser Stelle 2000 m tief ist, so kommt der Stromboli auf stattliche 3000 Meter, die der Vulkan in nur knapp 40.000 Jahren aufgebaut hat. Dass ein 3000 m hohes Vulkangebäude nicht nur durch kleine strombolianische Eruptionen entstanden ist, erklärt sich eigentlich von selbst. Es gab durchaus heftige Eruptionsphasen, die sich auch heute wiederholen könnten. Bekannt ist, dass es in den letzten Jahrhunderten immer wieder zu stärkeren Eruptionen kam, bei denen Lavabrocken bis in bewohntes Gebiet geflogen sind. […]

Das Ausgangsmaterial [der] Magmen ist aufgeschmolzene Ozeanische Kruste- hier des afrikanischen Kontinents, der sich östlich Kalabriens unter den europäischen Kontinent schiebt. Hinter dieser Subduktionszone steigt Magma durch Risse auf und bildet den vulkanischen Inselbogen des Äolischen Archipels.

Komplizierend kommt hinzu, dass im Mittelmeerraum diverse Kleinplatten kollidieren und sich über und untereinander schieben. Bei einer dieser Platten handelt es sich um die Ionische Platte, die auf Höhe des Ätnas subduziert wird. Einem älteren Erklärungsversuch zufolge steht die Entstehung der Äolischen Inseln in direktem Zusammenhang mit der Absenkung des Tyrrhenischen Beckens.

Die Entstehung der Äolischen Inseln begann im Tertiär. Die älteste Insel ist Filicudi, danach entstanden Panarea und Salina. In der Haupttätigkeitsphase vor 160.000 bis 130.000 Jahren entstanden die andesitischen Stratovulkane (LINK) von Lipari und gegen Ende dieser Phase die Insel Alicudi. Erst in der letzten Tätigkeitsphase entstand vor gut 120.000 Jahren Vulcano und vor 40.000 Jahren der Jüngling im Vulkangeschäft, der Stromboli. […]

Die Anzahl der Schlote und die Morphologie der Krater ändert sich ständig. Durch die Explosionen im Krater, den Magmenaufstieg und die Bewegungen des Magmas in der Magmakammer ist Stromboli einer starken seismischen Tätigkeit ausgesetzt. Die Folge sind zahlreiche Mikrobeben. […]

Im Mai 2019 begann eine Hochphase der Aktivität. Sie gipfelte am 3. Juli in […] besonders starke […] Eruptionen. Bei der stärksten Explosion der letzten Jahrzehnte wurde Vulkanasche bis auf einer Höhe von 9.100 Metern gefördert. Ein pyroklastischer Strom rauschte bis auf das Meer hinaus. Es entstanden neue Schlote im Westen der Krater-Terrasse. Lavaströme begannen zu fießen. Bis jetzt […] ist die Aktivität erhöht. Quelle

Später, als das Boot wieder gen Vulcano unterwegs ist, ziehe ich mich zurück, um meine Postkarten zu schreiben. Was ein Mädel aus der venezianischen Schulklasse an Bord fasziniert-erstaunt beobachtet, aber sie kann noch was mit dieser Kulturtechnik anfangen, das ist es nicht, was sie erstaunt und fragen lässt, es ist eher die Menge und ihre ehrliche Sorge, ob die Karten überhaupt ankommen werden, die italienische Post scheint nicht den besten Ruf zu haben. Ich kann sie beruhigen, einerseits gehört die Spannung, ob die Karten überhaupt ankommen, dazu, andererseits sind die Karten ja angekommen.

10.10.

Und schon ist die Zeit vorbei auf den Inseln, die Fähre sammelt uns ein und es geht direkt wieder nach Milazzo, wobei das nur der kurze Zwischenstopp auf dem Wege nach Taormina ist. Bissel oberhalb der Stadt bietet das Apt. einen feinen Blick auf den Ätna, der uns indes etwas wolkenverhangen empfängt. Abwarten und hoffen.

Doch zunächst steht das wunderschöne Taormina auf dem Programm, erste Siedler gab es hier wohl schon 1.300 v. Chr. Entspannt mediterran ist es, bestes Essen inklusive. Zum Sonnenuntergang reißen dann auch die Wolken um den Ätna etwas auf, das macht uns Hoffnung für Morgen. komoot

11.10.

Auf zu Europas mächtigstem Vulkan. Mit seinen 3357 Metern dominiert er die Ostküste Siziliens. Seit Jahrtausenden beeinflusst er die Menschen in seinem Wirkungskreis. Nachhaltig. In der Antike Wohnsitz verschiedener Götter hat natürlich einen festen Platz in der Mythologie Siziliens. Vor ca. 600.000 Jahren beginnt der Vulkanismus hier, wenngleich die Entstehung des eigentlichen Ätna erst vor ca. 100.000 Jahren beginnt. Seine heutige Gestalt bekommt den Ätna beginnend vor 3.000 Jahren. Er hat nicht den einen Krater, sondern vier Hauptkrater sowie mehr als 300 Flankenvulkane.

Der Untergrund Siziliens ist alles andere als stabil. Im Mittelmeer südlich der Insel verläuft die Plattengrenze zwischen Afrika und Europa. Ein Teil der afrikanischen Platte schiebt sich unter den europäischen Kontinent und wird im Erdmantel aufgeschmolzen. Entlang der Westküste Italiens schiebt sich der Gebirgsrücken des Apennins auf. Dies führt zu einer Host- und Grabenstruktur mit einem Rift. Entlang der Nordküste Siziliens verläuft die Comiso-Messina-Störung, an der einst die Straße von Messina absackte und auf diese Weise Sizilien vom Festland trennte. Der Ätna entstand in der Region, in der sich diese beiden Störungssysteme kreuzen. Neben diesen beiden senkrecht aufeinander treffenden Störungszonen gibt es im Grundgebirge des Ätna noch weitere lokale Verwerfungen. […]

Diese komplexe tektonische Situation begünstigt die Entstehung und den Aufstieg von Magmen. Zudem treten entlang der Störungszonen immer wieder starke Erdbeben auf- – wie jenes vom 28. Dezember 1908. Bei diesem großen „Beben von Messina“ starben mehr als 100.000 Menschen. Die Menschen auf Sizilien leben mit der ständigen Bedrohung durch Naturkatastrophen. Selbst Palermo, die Hauptstadt Siziliens bleibt davon nicht verschont.[…]

Seismische Messungen ergaben, dass sich das Magma unterhalb des Ätna in drei Magmakammern sammelt. Die größte von ihnen befindet sich in ca. 30 Kilometern Tiefe; eine zweite Magmakammer liegt ca. zehn Kilometer darüber. Die dritte und kleinste Magmakammer liegt nur zwei Kilometer unterhalb des Gipfels; dort liegt der eigentliche Vulkan auf dem Grundgebirge. Diese Magmakammer hat eine schwammartige Struktur: Das Magma sammelt sich in Poren oder kleinen Taschen im Gestein. Phasen anhaltender Tätigkeit zeugen von einem offenen Schlotsystem und einem mehr oder weniger hohen Magmastand im Förderschlot. Steht das Magma tief, dampft der Vulkan nur; bei hohem Magmastand kommt es zu strombolianischen Ausbrüchen in den Zentralkratern. Bei einem Ungleichgewicht dieses Zustandes ereignen sich laterale Flankeneruptionen. […] Es entsteht dann ein neuer Vulkan auf der Flanke des Ätna. Die Ausbrüche, bei denen solche Parasitärkrater entstehen, fördern meist große Magmamengen und es kommt zu starken Explosionen. [Es lassen sich mehr als 300 Parasitär-, Adventiv- oder Flankenvulkane an den Flanken des Ätna zählen.]

Der Monte Rossi ist heute mit einem Pinienwald bewachsen. […] Der Ätna zählt zu den am besten erforschten Vulkanen der Welt. Er befindet sich in einer dicht besiedelten Gegend und seine Lavaströme gefährden das Hab und Gut von Tausenden. Die größte Gefahr geht aber von einem potenziellen Hangrutsch aus, bei dem die gesamte Ostflanke des Vulkans abscheren und zahlreiche Städte unter sich begraben könnte. […]

Im 20. Jahrhundert machten die Eruptionen von 1928, 1950, 1971, 1981, 1983 und 1991 von sich Reden. […] In den Jahren 2001, 2002 und 2003 kam es zu großen Flankeneruptionen, bei denen auch einige Häuser zerstört wurden. Es entstanden zwei große Kraterkegel abseits des zentralen Komplexes. […] Ein Erdbeben verursachte während der eruptiven Phase 2002/2003 große Schäden in den Dörfern auf der Vulkanflanke. Die nördliche Touristenstation, die Casa Cantoniera, wurde vollständig unter Lava begraben. Quelle

Abends haben wir Karten für das malerische Teatro Massimo Bellini in Catania. Wir haben da einen Tanztheaterabend herausgefiltert: Trilogia dell’Estati (Après-midi d’un faune – Debussy; Boléro – Ravel; Le Sacre du Printemps – Stravinsky). Kein klassisches Ballett, das ist schon mal gut und gerade der Boléro geht ja immer. Insgesamt aber hätte ich ein wenig mehr Energie, ein wenig mehr Dynamik auf der Bühne schon gut gefunden, mir war das ein wenig zu statisch. Aber so ist das eben, manchmal zündet eine Inszenierungen eben nicht so.

Abschließend noch einen Wein auf dem Balkon des schicken Apt, der letzte Tag bricht an.

12.10.

Der hält noch Catania bereit, insbesondere das Amphitheater. Der Rest ist Flughafenroutine: Auto abgeben, Eva verabschieden, denn Evas Flug geht einen Tag früher. Die kurzen Irritationen bei der Autoabgabe haben sich mittlerweile auch geklärt.

Amira, Armin und ich sind für eine Nacht in einem zweckmäßigen Hotel in Catania, bei der unchristlichen Startzeit brauchen wir keinen großen Komfort. Aber das Hotel ist direkt am Strand und so können wenigstens noch einmal das Mittelmehr und der Ätna zur Geltung kommen.

13.10.

Mit dem Rückflug geht ein weiterer einmaliger Urlaub zu Ende.

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